Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Ein Oskar für das Lebenslehrwerk

„Wir haben von Ihrer Begeisterung und Ihrem Engagement profitiert, von Ihrem Feedback und Ihrem Interesse an uns und unseren Leistungen. Dafür danken wir Ihnen“. Diese Worte formulierten nicht nur mehrfach, sondern durchgängig und in verschiedenen Varianten Studierende am Tag der Lehre 2015 an der Universität Wien, zu dem ich kürzlich eingeladen war (hier der Link zum Blogbeitrag mit meinem Vortrag). Fünf Lehrende wurden an diesem Tag für ihre Lehre ausgezeichnet, und alle waren von Studierenden vorab nominiert worden. Aus diesem Grund hielten auch Studierende eine kleine Laudatio für jede/n Preisträger/in, in der sie ihre Beweggründe für die Nominierung deutlich machten.

Das hat mir ausgesprochen gut gefallen. Aus meiner Sicht war bzw. ist das nicht nur ein Zeichen der Wertschätzung von Studierenden an Lehrende, die sonst vor allem anonyme Evaluationsdaten erhalten. Es handelt sich hier auch um eine höchst wertvolle Informationsquelle, die deutlich macht, was genau Studierende an der Lehre und den Lehrenden als wichtig für ihr Lernen und ihren individuellen Fortschritt ansehen. Mir ist daher auch gleich der Gedanke gekommen, dass man Lehrpreise (wenn sie denn in dieser Form den Studierenden eine so stark begründende Rolle in mehreren Phasen der Auszeichnung geben) wissenschaftlich begleiten und damit empirisch der Frage nachgehen könnte, wie Studierenden jenseits des wohl oft als lästig empfundenen Ankreuzens von Evaluationsbögen die Hochschullehre und die Hochschullehrenden wahrnehmen und einschätzen.

Auffällig an den studentischen Begründungen war, dass – so ganz anders als es das Motto „Digital Natives“, das die Organisatoren für diesen Tag der Lehre festgelegt hatten, nahelegt – digitale Medien keine Rolle gespielt haben (von sagenhaften E-Mail-Antwort-Zeiten einmal abgesehen). Stattdessen war ein großer Fokus auf die Persönlichkeit des Lehrenden spürbar: die Person des Lehrenden, die einem die Angst nimmt, in die fremde Welt der Wissenschaft einzutauchen, die einen unterstützt, die Hürden zu überwinden, die sich dabei stellen, die einem Zuversicht gibt, aber auch klare Ziele setzt und mit fachlichem Rat zur Seite steht, und die vor allem Interesse weckt und Langeweile oder Gleichgültigkeit vertreibt. Ob sich das wohl für manche (!) empirischen Bildungsforscher anhört wie ein Rückfall in die Illusion der Didaktik als Kunstlehre? Könnte sein. Ich bin auch überzeugt davon, dass diese (und andere engagierte) Lehrende mehr tun als „einfach nur“ ihre Begeisterung zu zeigen und die Studierenden ernst zu nehmen. So manche langwierige Planung und aufwändige Konzeption im Hintergrund der Hochschullehre (unabhängig davon, ob und welche digitalen Medien zum Einsatz kommen) würden wohl Studierende überraschen, wenn sie diese denn direkt mitbekämen.

In Erinnerung bleiben wird mir auch die einzige Frau unter den ausgezeichneten Hochschullehrenden, die den Preis quasi zum Abschluss ihrer lehrenden Tätigkeit in Empfang nehmen durfte. Sie empfand den Lehrpreis – so hat sie es formuliert – als eine Art Oskar für ihr Lebenswerk in der Lehre an der Universität. Und klar: Das ist eindeutig zu wenig! Ein jahrzehntelanger Einsatz für die Studierenden sollte wohl nicht nur so spät und einmalig gewürdigt werden. Aber Lehrpreise dieser Art, bei denen die Rückmeldung vorrangig von den Studierenden kommt, sind immerhin ein Anfang für das Ende der letztlich immer noch geringen Wertschätzung einer Hochschullehre, die ihren eigentlichen Zweck nicht aus dem Auge verliert: ein Lernen in und für die Wissenschaft.

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