Die Schweizer haben abgestimmt: Der Export von Waffen bleibt erlaubt, der Bau weiterer Minarette wird verboten (Meldung z.B. hier). Neben dem Ergebnis schockieren vor allem die Werbeplakate, bei denen man irgendwie noch hofft, dass es Satire ist, um gleich darauf betroffen festzustellen, dass diese ziemlich ernst gemeint sind. Es werden schon die ersten Stimmen laut (z.B. hier), dass es in der deutschen Bevölkerung ähnliche Ängste vor einer Islamisierung gäbe – in der Bildungsrepublik Deutschland. Für mich ist das ein wichtiges Beispiel, an dem man aufzeigen kann, dass Bildung eben nicht nur Ausbildung für den globalen Arbeitsmarkt sein darf, sondern dass Bildung mehr ist und auch damit zu tun haben muss, Fähigkeiten für ein demokratisches und solidarisches Zusammenleben aller Bevölkerungsgruppen zu entwickeln. Der permanente Ruf nach mehr naturwissenschaftlicher Bildung drängt – so meine Befürchtung – dieses wichtige Ziel von Bildung gerne in den Hintergrund. Ohnehin kann ich es nicht verstehen, dass man in den letzten Jahren mit einer solchen Ausschließlichkeit auf technische Innovationen setzt (die sich vermarkten lassen) und dabei vergisst, dass wir ein Jahrhundert haben, das auch soziale Innovationen mehr als nötig hat.
Soziale Innovationen Fehlanzeige
30. November 2009
30. November 2009 um 10:10
Liebe Gabi,
es ist wirklich eine traurige Entwicklung. Anstatt das ALLE Beteiligten sich für einen konstruktiven Austausch und ein fruchtbares Zusammenleben einsetzen, werden Hetzkampagnen gestartet und unsinnige Verbote ausgesprochen.Eigentlich schade ist es, dass genau die Personen, die sich gerne einem Diskurs über Bildung in Zeiten von zunehmender Vermischung von Kulturen und Individuen beteiligen würden, in politischen Bereichen kaum gehört werden. Dort schließt man sich lieber den populistischen Forderungen nach Bewahrung (oder vielmehr Rückkehr?) der nationalen Traditionen an. Angst ist immer ein schlechter Ratgeber. Und wenn wir so weitermachen uns parallele Welten innerhalb eines Landes aufzubauen werden wir auch nicht dazu beitragen können, dass Ängste vor Islamisierung etc. abgebaut werden. Ich stimme dir zu: Bildung wird viel zu einseitig gesehen. Das heere Ziel einen mündigen und gebildeten Bürger heranzuziehen und gleichzeitig aber nur einseitige Förderung zu betreiben zeigt deutlich, wie ernst gemeint die vorgelegten Thesen- und Forderungspapiere von Seiten der Politik sind. Die Forderung der LMU-Besetzer (siehe: http://www.unsereunibrennt.de/forderungen)nach einem Entscheidungsträger für Behinderte und Migranten in jedem Gremium halte ich in diesem Zusammenhang übrigens für sinnvoll. Zumindest würde das ein Gespräch zwischen den verschiedenen Interessensgruppen initiieren.
Viele Grüße,
Tamara
30. November 2009 um 21:36
hier ein Link zu einer nicht ganz neuen, aber immer noch aktuellen Diskussion zum Thema „Islamismus“:
http://library.fes.de/pdf-files/akademie/berlin/05051.pdf
15. Dezember 2009 um 17:29
Ich finde der Trend geht eher in die andere (und aus meiner Sicht falsche Richtung). Immer mehr (notwendige naturwissenschaftliche Bildung) geht verloren und wird doch „Social Skills“ ersetzt. Auf Basis meines naturwissenschaftlichen Wissen kann ich eine Arbeit ausführen und davon leben. Auf Basis von Solidarität kann ich was? Anderen dabei zuschauen wie sie machen was sie wollen? Ich sage hier nicht, dass ich das Minarettverbot unterstütze aber es ist das gute Recht der Schweizer, ein solches Verbot per Volksentscheid zu erwirken.
15. Dezember 2009 um 17:42
Meine Aussage war auch nicht, naturwissenschaftliche und sozial- und geisteswissenschaftliche (i.w.S.) Inhalte gegeneinander auszuspielen. Auch hatte ich nicht schwammige Schlüsselkompetenzen im Blick, sondern Wissen über Kultur, Geschichte u.ä., das für die Ausbildung eines ethischen Bewusstseins und demokratischer Fähigkeiten aus meiner Sicht nötig ist. Was „gutes Recht“ ist und was nicht, lässt sich kaum einfach beantworten. In meinem Blog gebe ich nur meiner Einschätzung Ausdruck, dass insbesondere die Kampagnen zu diesem Volksentscheid höchst bedenklich und diskrimierend sind. Dafür zu sensibilisieren und sich durch diskrimierende Darstellungen nicht manipulieren zu lassen, ist – so meine ich – schon Aufgabe der Schule und sollte neben der naturwissenschaftlichen Bildung nicht so verdrängt werden, wie es aktuell beobachtet werden kann.