Jeder, der sich mit der Gestaltung von Lernumgebungen beschäftigt, trifft unweigerlich auf die von Terhart bereits 2002 als „fremde Schwestern“ bezeichnete Allgemeine Didaktik und Lehr-Lernforschung und ihre schwierige Beziehung (nachzulesen in der Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 16, 77-86). Nun widmet sich diesem Beziehungsdrama zwischen zwei bildungswissenschaftlichen Disziplinen ein ganzes Buch mit dem Titel „Allgemeine Didaktik und Lehr-Lernforschung. Kontroversen und Entwicklungsperspektiven einer Wissenschaft vom Unterricht“, herausgegeben von K.-H-. Arnold, S. Blömeke, R. Messner und J. Schlömerkemper (Jahr: 2009; Verlag: Klinkhardt). Bereits ein Jahr vorher (2008) hat die Zeitschrift für Erziehungswissenschaft ein Sonderheft (mit der Nr. 9) zu dem Thema herausgebracht (siehe hier). Während dort tendenziell mehr Pädagogische Psychologen zu Wort kommen, vereint das genannte Buch eher pädagogische Stimmen.
Für jemanden, der sich von der Wissenschaft nicht nur die Beschreibung und Erklärung von Lehr-Lern- und Bildungsphänomenen, sondern auch einen direkten oder zumindest indirekten Einfluss der theoretischen und empirischen Erkenntnisse auf die Praxis erhofft, ist diese Unfähigkeit zur Kooperation unbegreiflich. Wer tiefer geht und sich wissenschafts- und erkenntnistheoretische Voraussetzungen der beiden „Lager“ betrachtet, kann freilich die Probleme nachvollziehen, aber die Frage bleibt: Warum werden diese nicht gelöst? Aus welchem Grund setzen sich einzelne Lösungsideen (z.B. Vorschläge von Aebli) nicht oder kaum durch? Wie kann es sein, dass sich stattdessen Gräben vertiefen oder allenfalls mit dem Material des gerade Stärkeren provisorisch zugeschüttet werden?
Hängen geblieben bin ich während der Lektüre des neuen Bandes von Arnold et al. (2009) beim Beitrag von Jörg Schlömerkemper, den es (was für ein Glück!) auch online gibt (hier): Unter dem Titel „Das Allgemeine in der Empirie und das Empirische im Allgemeinen“ formuliert er einen aus meiner Sicht aussichtsreichen Versuch, zumindest einige der Hindernisse zu überwinden, welche die beiden Lager trennen. Eine wichtige Rolle spielt bei ihm der Begriff des Oszillierens. Schlömerkemper postuliert, die philosophisch orientierte Reflexion über die Ziele von Bildung und ihre anthropologischen Bedingungen einerseits und die empirisch orientierte Analyse tatsächlich anzutreffender Prozesse in der Bildung andererseits als Endpunkte eines Spektrums zu sehen, zwischen denen die Wissenschaft oszillieren müsse. Mit anderen Worten: Die allgemeine Reflexion muss sich der empirischen Überprüfung stellen und empirische Befunde müssen bezogen auf Normen/Sollwerte reflektiert werden (Seite 163). Das ist mehr als gegenseitiger Respekt oder Duldung zwischen den „fremden Schwestern“, so der Autor. Das ist eine qualitative Optimierung bildungswissenschaftlicher Forschung – und das sehe ich auch so. Exemplarisch am Verhältnis von Bildung und Kompetenz (zwei Begriffe, die in den letzten Jahren ja häufig ins Feld geführt werden) verdeutlicht er seine Idee einer „hermeneutisch-empirischen Schnittstelle“. Ich finde das ausgesprochen interessant und werde versuchen, das noch besser zu verstehen und mit meinen Überlegungen zu diesem Thema zu verbinden.
Aktuell aber sind wir von solchen Integrationsglücksfällen wohl noch weit entfernt, wenn man das Gros der Allgemeinen Didaktik und Lehr-Lernforschung vor Augen hat. Die gegenseitige Unverständnis bringt Andreas Gruschka im Band von Arnold et al. (2009) aus meiner Sicht gut auf den Punkt, wenn er sagt: „Wenn die Unterrichtsforschung erklärt, dass die Wahrscheinlichkeit erfolgreichen Lernens steigt unter der Voraussetzung, dass der Lehrer fachkompetent und den Schülern zugewandt ist, er klare Aufgaben stellt und die Schüler mit dem Stoff aktiviert umgehen lässt, so kann man es den Didaktikern nicht verdenken, dass sich ihre Überraschung darüber in Grenzen hält“ (S. 98 f.).
31. Januar 2010 um 18:58
Im genannten Buch wird im Beitrag vom Schlömmerkemper auf die Geschichte der beiden Schwestern hingewiesen, er schreibt:
„Nachdem die Pädagogik bis in die 1960er Jahre hinein weitgehend von der geisteswissenschaftlichen Schule geprägt gewesen ist, musste ein empirisch fundierte Erziehungswissenschaft sich zunächst einmal ihr Revier erkämpfen und dies dann sichern. Das konnte um so mehr glaubhaft gelingen, wenn eigene, eben andere Methoden entwickelt und verwendet werden, die sich von den damals vertrauten und anerkannten hermeneutischen Verfahren so deutlich unterschieden, das ein Paradigmenwechsel erlebt werden konnte. Fatalerweise konnten damals Pädagogen kaum auf eigene empirische orientierte Methoden zurückgreifen, sodass die „neuen“ Professuren überwiegend mit Psychologen und Soziologen besetzt werden mussten.“ (S. 160)
Wie Schlömmerkemper selber schreibt, ist die mangelnde Vertrautheit vieler Pädagogen mit empirischen Methoden ein wichtiger Grund, warum sich die beiden Schwestern nicht verstehen und anerkennen wollen! Wissenschaftler definieren sich im Kern über ihre Methoden: gilt nicht ein methodischer Kanon als Voraussetzung für die Konstitution einer eigenen wissenschaftlichen Disziplin? Dass die Psychologen diesen „Sport“ ernst genommen und bis in den akademischen Himmel getrieben haben sieht man (nicht nur) an den curricular verankerten Methodenkursen – jeder Psychologe kann ein Lied davon singen. Wenn die Verteilung von wissenschaftlicher Anerkennung stark von diesem „methodischen Kapital“ reguliert wird, dann ist doch klar, dass die „arme Schwester“ keine Anerkennung findet und zunehmend aus dem akademischen Himmel geboxt wurde (und wird).
Nun könnte man einwenden, dass die „arme Schwester“ doch reich an sog. hermeneutischer Kompetenz (ein lustiges Wortgespann) ist, da sie doch die für bildungswissenschaftliche Fragestellungen notwendige „philosophische Orientierung“ einbringen kann. Aber seitdem das normative Fragen im akademischen Himmel nichts mehr zu suchen hat (M. Weber), ist auch mit dieser Kompetenz kein Blumentopf mehr zu gewinnen.
Betrachtet man die aktuelle Entwicklung in Richtung einer „empirischen Bildungswissenschaft“ – einer reinen Lehre, dann sollte man nicht mehr von zwei Schwestern (auf Augenhöhe) sprechen, sondern von Schwester und Stiefschwester… ja, das ist dann wie im Märchen, nur ohne glückliches Ende.
Schaut man nach vorn, dann scheint es Lösungsperspektiven zu geben: Herr Schlömerkemper nennt es „Oszillieren“ eine „hermeneutisch-empirische Schnittstelle“. Gabi plädiert an anderer Stelle für eine Entwicklungsforschung, was aber eine VIELFALT an Erkenntniswegen (in den Bildungswissenschaften) als eine von allen gewollte PRÄMISSE voraussetzt! Nur, … geht bei diesem Vielfaltspostulat für eine „hard to to science“ jeder mit? Das ist für mich die Sollbruchstelle, wo sich die Spreu vom Weizen trennt.
Frank
1. Februar 2010 um 18:08
Lieber Frank,
schön, dass du am Ende von „Mitgehen“ sprichst. Denn gute (im Sinne von „vielfältiger“) Bildungsforschung zu machen (eben MACHEN) ist nämlich m. E. nicht nur eine Frage des Wollens, sondern auch eine des Könnens. Es ist eben eine hard to do science und damit ist es auch nicht einfach, gute Forschung unter dem Postulat von praktischer Nützlichkeit und theortischer Erkenntnisgewinnung zu machen.
In diesem Zusammenhang tun sich für mich zwei Probleme auf. Erstes Problem: Die hier schon oft thematisierte Förderpraxis, die mangelnde Anerkennung „alternativer“ Ansätze i. S. einer (auch oft stark qualitativen) Entwicklungsforschung.
Das zweite Problem aber: M. E. gibt es auch nur wenige vorzeigbare, wirklich gute Alternativen zum etablierten Standard. Für mich ist bisher leider nur wenig „gute“, d.h. qualitativ hochwertige Alternativforschung in Sicht, die unseren hohen Ansprüchen (praktischer Nutzen & theoretische Weiterentwicklung) vollumfänglich gerecht wird. Wenn du von „hermeneutischer Kompetenz“ sprichst, würde ich erwidern: Hermeneutische Forschung hat AUCH mit Methoden, Prozeduren und Standards zu tun und verlangt eine gute methodische Ausbildung. Genau die Konnotation des „Philosophierenden“ im negativen Sinne hat der Pädagogik ein „Gschmäckle“ eingebracht, das sie jetzt so schnell nicht wieder los wird. Denn: Auch (methodisch saubere) qualitative Forschung kennt regelgeleitetes Vorgehen, genaue Qualitätsstandards und basiert auf einer fundierten Methodenausbildung. Also mein Plädoyer: Bitte grössere Methodenvielfalt und entwicklungsorientiertere Forschung ABER AUCH mehr Auseinandersetzung mit der Frage nach Qualitätsstandards empirischer Forschung – gerade und vor allem auch im qualitativen Bereich.
Zur richtigen Interpretation meines Statements: Ich will nicht mit erhobenem Zeigefinger dastehen und sagen, WIE man es richtig macht. Ich merke vielmehr an mir selbst, wie viel Forschungskompetenz es gerade im qualitativen Bereich zu erwerben gibt (korrigiere: gäbe) und wie schwierig es ist, wirklich gute Forschung zu machen. Von daher gibt es auf dem Weg zu einer bildungswissenschaftlichen Forschung m. E. viel Konzeptarbeit und auch viel Handwerk nachzuholen.
Tobias
P.S.: Hier kann ich gleich ein wenig Werbung für unseren Workshop auf dem Educamp Ende der Woche in Hamburg machen, wo wir genau der Fragestellung nachgehen wollen, was denn eine solche „gute“ Forschung zu leisten hat.
Mir liegt vor allem auch die Frage nach den Qualitätskriterien einer neuen oder innovativen Bildungsforschung am Herzen. Denn da – hab ich zumindest das Gefühl – sind die Vorstellungen oft noch sehr wenig ausgeprägt.
1. Februar 2010 um 19:09
Lieber Tobias,
es ist (glaub ich) wichtig zu unterscheiden: a) Methodische Vielfalt als bildungswissenschaftlich begründetes Postulat und b) methodische Vielfalt als personale Qualität von Wissenschaftlern.
Punkt a) ist eine erkenntnistheoretisch-wissenschaftspolitische Sache, Punkt b) ist eine Sache, die jeder nach seinem eigenen VERMÖGEN ausjustieren muss. D.h. nicht jeder der unter dem Dach der methodischen Vielfalt forscht muss den Dauerspagat von Nutzen- und Erkenntnisorientierung aushalten bzw. umsetzen. Wichtig erscheint mir aber, dass die „Orte der Forschung“ unter dem Dach von a koordiniert werden!!! Wenn ich normativ arbeiten will, gut, aber bitte im engen Austausch mit empirisch orientierten Forschern, wenn mich 2×2 Designs interessieren, gut, aber bitte eingebettet mit Kollegen, die über Normen, Standards, Menschenbilder nachdenken. Das „ozillieren“ zwischen den Polen kann man „auf kleiner Flamme“ für sich machen (und daran wachsen), damit es nicht überfordert muss man aber kollaborativ arbeiten.
Aber: Um die anstrengende Leistung eines personalen Ozillierens zwischen den Polen (im Sinne von Schlömmerkemper)kommen wir wohl nicht drumrum, wenn man die BILDUNGSwissenschaft voranbringen will.
Frank
1. Februar 2010 um 22:25
Hallo Frank,
richtige und wichtige Unterscheidung, die du da machst zwischen dem Forschungsvermögen einer ganzen Community und dem Einzelnen (das hatte ich bisher nicht so klar getrennt).
Interessant sind (wie immer aus meiner Sicht 🙂 die Schnittstellen zwischen dem „Prinzip“ udn dem einzelnen Forschenden. Es gibt Vorbilder, die haben beide Aspekte, die paradigmatische Fundierung und die praktsiche Forschung hingekriegt: Z. B. hat es die Community der Mixed Methods Forscher in den USA geschafft, sich zu etablieren. Das ging einerseits über paradigmatische Beiträge, aber auch über ganz praktische Forschung. Zum einen wurde da an etablierte Journals gesucht und zwar in den quantitativen als auch in den qualitativen Lagern.
Andererseits haben sie es geschafft, an die (u.a. auch Bildungs-) Praxis zu schaffen, z. B. indem sie neue Qualitätskriterien eingeführt haben (praktische, klinische, wirtschaftliche Signifikanz z. B.). Diese garantieren, dass die erreichten Ergebnisse auch von Politkern und anderen Entscheidern verstanden und umgesetzt werden können.
Wie auch immer, es wird nicht leicht, eine neue Forschungstradition zu etablieren, das ist klar 😉
Tobias
2. Februar 2010 um 18:01
Tobias, mal ganz provokativ gefragt: Wieso sind dir die Standards so wichtig? Um nicht selbst denken zu müssen? Um die Verantwortung abzugeben? Zweite Frage: Wer setzt Standards und woran bemisst man, dass diese gut, richtig oder nützlich sind? Ich wage mal die These, dass wir für die Forschung nicht mehr, sondern weniger Standards, aber solche brauchen, die den Kern der Wissenschaft betreffen und wissenschaftliches Handeln von anderen Formen des Handelns klar unterscheiden. Standards für die Mikroebene des Handelns dagegen erscheinen mir oft willkürlich und laufen Gefahr, formale über inhaltliche Entscheidungen zu stellen. Wisseschaftler sollten ihr Tun begründen können, dafür einstehen, was sie tun, überzeugt sein, dass sie in der gegebenen Situation das Richtige tun und dies explizit machen. Das ist mir persönlich lieber als ein Motto wie: „Das ist der Standards, deswegen mache ich das“.
Gabi
2. Februar 2010 um 18:35
Hallo Gabi,
natürlich sind Standards nicht um ihrer selbst Willen wichtig. ABER: Es ist (wie du auch selbst sagst) wichtig, begründen zu können, weshalb man sich für eine bestimmte Handlungsoption entscheidet. Standard bedeutet für mich nichts anderes, als zu versuchen, sein eigenes Handeln für andere nachvollziehbar zu machen und zwar in Bezug auf irgendwelche Referenzpunkt. Hier liegt m. E. eine grosse Stärke der „traditionellen“ empirischen Bildungsforschung und eine Schwäche der Pädagogik. Das heisst NICHT, dass beiden „Schwestern“ inhaltlich jeweils besser oder schlechter sind, aber offensichtlich haben die einen es geschafft, nach aussen hin nachvollziebarer zu sein, als die anderen.
Damit habe ich schon deine Frage zwei angerissen: Standards muss man letztendlich selbst setzen, sonst wird Forschung, wie du schon sagst, ein Nachkochen erprobter Rezepte. Aber auch hier ist es m. E. wichtig, nachvollziehbar und anschlussfähig zu bleiben. Anschlussfähig sein heisst aber auch, dass man sich mit bestehender Traditionen, dem was „die anderen“ machen (und auch deren Standards) auseinandersetzen muss. Man muss seinen Erkenntnistheoretischen Standpunkt festmachen, man muss sein methodische Vorgehen darauf abstimmen und man muss die Verbindung zwischen beidem irgendwie nachvollziehbar kommunizieren.
Und genau hier liegt für mich die Herausforderung: Auf dieser Ebene braucht man m. E. das, was ich mit Standards meine, nämlich Ideen, wie man seine Standpunkte nach aussen nachvollziehbar darstellt.
Eine solche Art von Standards ist vor allem für jemanden, der gerade eine Diss schreibt aber schon wichtig. Denn: Ich beobachte, dass die wissenschaftstheoretischen Abschnitte sehr häufig im Rahmen von Standardphrasen abgerissen werden und der methodische Part dann reines (aber eben oft nicht sehr nachvollziehbares) Handwerk ist.
Also, ums kurz zu machen: Ich wünsche mir Standards im Sinne von Nachvollziehbarkeitsregeln (was für ein Wort) und nicht im Sinne eines Methodenkorsetts.
Tobias
2. Februar 2010 um 18:50
… ich glaube nicht, dass es Tobias – so wie ich es bisher verstanden habe – um eine fraglose Autorität geht ..@Tobi :-): oder?
Tobias spricht die Mixed Methods an und zeigt auf deren etablierte Stellung. Ja, vielleicht haben sich die Kollegen das auch einfach „nur“ erkämpft, mit engagierten Artikeln, einen guten Kampfbegriff (Mixed => Blended), intelligenter institutioneller Verankerung (Zeitschriften). Vielleicht ist das weniger Erkenntnistheorie als vielmehr (auch!!!) schlaue Anwendung von Kommunikationstheorie! Ich sage das deshalb weil viele Entwicklungen innerhalb der Wissenschaft ja nicht ausschließlich innerwissenschaftliche „Urachsen“ haben, sondern zum guten Teil von Aussen angestoßen, moderiert werden. Kommunikation ist daher wichtig für Akzeptanz und Entwicklung. Und dabei hilft dann sicher auch das, was Gabi mit „wenigen, aber klaren Standards“ meinte.
Frank
2. Februar 2010 um 18:50
@Tobias: Ja, schön – das klingt in meinen Ohren besser. Das ist, was ich mir wünsche, dass man sich nämlich Gedanken macht, was man mit Schlagwörtern wie Qualität, (auch Kompetenz) und z.B. Standards überhaupt meint und wovon man sich abgrenzt, was das Ziel ist und wie man da hinkommen will. Da fängt für mich ein wissenschaftlicher Diskurs an und der verlangt eben die von dir genannte Nachvollziehbarkeit und Begründungen (wobei man dann aber keineswegs immer einer Meinung sein muss). Ich würde allerdings nicht von „der“ Pädagogik reden (sage ich jetzt mal als Psychologe) und behaupten, dass diese wenig nachvollziehbar arbeitet. Die Ziele z.B. der Allgemeinen Didaktik und der Lehr-Lernforschung sind einfach verschieden und – deswegen der Hinweis auf den Schlömerkemper-Text – komplementär!
@Frank: Ja, aber man muss doch mal ein bisschen provozieren – und es bringt ja auch was, wie Tobias Klarstellungen zeigen! 😉
Wünsche euch in Hamburg auf dem EduCamp eine spannende Diskussion!
Gabi
3. Februar 2010 um 11:44
Liebe Gabi, lieber Frank,
na, da sind wir doch noch zusammengekommen :-). Wichtig finde ich noch Franks Anmerkung in Bezug auf Wissenschaftskommunikation. Ja, ich bin der Meinung, das es wichtig und auch richtig ist, sich Gedanken zu machen, wie man sich überzeugend nach aussen hin darstellt. Das hat tatsächlich wenig mit erkenntnistheoretischen Fragen zu tun. Und genau in dem Punkt sehe ich die angesprochene „Schwäche“ der „klassischen“ (ich weiss, das ist unscharf) Pädagogik. Sie ist von aussen nicht so gut zu verstehen. Und das ist eben AUCH eine Aufgabe, die eigenen Anliegen nach aussen hin verständlich zu machen (wobei ich da selbst nicht immer der Held drin bin ;-).
Ich freu mich schon auf Hamburg & den nächsten Besuch in Augsburg.
Tobias
3. Februar 2010 um 17:14
Hallo Tobias, noch ein letzter Nachtrag vorm basta :-):
Du sagst: „Wissenschaftskommunikation hat wenig mit erkenntnistheoretischen Fragen zu tun.“ Damit die Aussendarstellung nicht in ein plattes Marketing abdriftet ist es wichtig, dass Wissenschaftsmarketing erkenntnistheoretisch geerdet ist (was nicht immer der Fall ist). Genau hier haben wir es auch mit dem oben angesprochenen „Ozillieren“ zu tun. Auch hier also ein anstrengender mentaler Prozess, der zwischen unterschiedlichen Zielsystemen einen gangbaren Weg sucht. Das ist der Punkt: wer sich zwischen die Stühle wagt (Allgemeine Didaktik/Lehr-Lernforschung oder Wissenschaft/Gesellschaft oder qualitativ/quantitativ oder empirisch/hermeuneutisch oder Disziplin/Disziplin, der hat einen Punkt mehr auf seinem Zettel: (kategoriale) Übersetzungsleistung.
Das ist ein spannendes Thema und hat viel mit erkenntnisleitenden Bildern (=>Metaphern) zu tun, in denen man (mehr oder weniger unbewußt) gefangen ist.
Grüße dich! Frank
3. Februar 2010 um 22:35
Hallo ihr drei
Da habt ihr es uns ja nicht einfach gemacht, so schnell wie hier die Bälle hin und her fliegen. Danke für die spannende Diskussion und die Beiträge. Einen Punkt möchte ich noch ansprechen, bevor dann das Basta kommt: ich finde die Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlern und Lehrenden (wie von Schlömerkemper auch angesprochen wurde) der Punkt, bei dem diese Frage diskutiert werden muss: oft wird man sozusagen in der einen Disziplin sozialisiert, ohne überhaupt den Blick zum Oszillieren zu bekommen. In dieser Sache finde ich werden die Stiefschwestern von Generationen zu Generationen weitergeben. Und hier gefällt mir die Unterscheidung von Frank recht gut, auch die wissenschaftliche Community, nicht nur den einzelnen Forscher in den Blick zu nehmen. Hier braucht es meiner Meinung nach noch viel mehr Anstoss, schon in der Ausbildung über Grenzen zusammen zu arbeiten, um den Blick zu öffnen. Vielleicht können hier ja auch digitale Medien einen Beitrag leisten – wir fangen dann zumindest in Hamburg mal in einem kleinen Bereich an, ich bin gespannt 😉
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