Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Verhältnisse wie am Bau

Man versteht ja ehrlich gesagt nicht so recht, wohin eigentlich die faktischen und versprochenen Gelder fließen, die für das in letzter Zeit auch politisch wieder hoch gehaltene Gut „Bildung und Wissenschaft“ (woran man angeblich NICHT sparen will) locker gemacht werden sollen. Was man dazu von Kollegen hört, selbst erlebt und in der Presse liest, weist ja nun doch eher in die entgegengesetzte Richtung. Dazu gehört auch ein Artikel im Spiegel online (hier), der am Beispiel der TU Kaiserslautern zeigt, was passiert, wenn man die üblichen Routinen öffentlich macht – nämlich z.B. die Vergabe und Bezahlung von Lehraufträgen. Wer Universitäten von innen kennt, den dürfte der Beitrag über die extrem schlechte (oder auch ausbleibende) Bezahlung von Lehraufträgen nicht wundern und wahrscheinlich nur ein Achselzucken hervorrufen. Und in der Tat gewöhnt man sich auch schnell an solche Absurditäten. Diese werden einem immer erst dann wieder bewusst, wenn man sie mit anderen Arbeitstätigkeiten vergleicht und Sätze fallen wie: „Für das, was viele Hochschuldozenten pro Stunde bekommen, würden die meisten Handwerksmeister nicht einmal ihr Werkzeug auspacken.“ oder „ …für manche habilitierte Wissenschaftler [Anm.: z.B. Privatdozenten ohne Anstellung an der Uni] wäre Hartz IV ein finanzieller Aufstieg.“ Noch schlimmer finde ich allerdings, dass man Betroffenen in diesem Zusammenhang den Mund verbietet (Zitat Spiegel-Artikel): „Die Warnungen seiner Uni-Leitung an Journalisten, eine Berichterstattung könne der Karriere des jungen Kollegen erheblich schaden, werden vermutlich intern noch viel deutlicher formuliert.“ Was wirklich nervt, ist die aktuelle Doppelzüngigkeit: Die Loblieder auf Bildung und Wissenschaft auf der einen Seite und dann auf der anderen Seite das vehemente Wegsehen bei Verhältnissen, die manchmal anmuten wie am Bau. Da würde ich mir mehr Ehrlichkeit wünschen und vor allem auch mehr Sachkenntnis und direkte Erfahrungen seitens der politisch Verantwortlichen.

Ein Kommentar

  1. Kluge Betrachtung. Unis müssen endlich ihre Lehrbeauftragten entsprechend ihrem Können und ihrem Einsatz bezahlen. Dass da gewaltige Unterschiede zu beobachten sind (auch durch Studi-Befragungen unterlegt), hat dann auch bei der Bezahlung Folgen. Im konkreten Fall ist jedoch der Spiegel-Online Bericht in mehreren Punkten schlicht erfunden. Z.B. hatte der Uni-Präsi ein Interview angeboten. Das dann aber nie genutzt wurde. Dass bei der Geschichte auch eine ganz persönliche Rache eines (unterlegenen) früheren Mitbewerbers um die Professur, der mit der Journalistin ganz gut bekannt ist, eine Rolle gespielt haben könnte, darf man nicht behaupten. Aber anderen zur Recherche empfehlen. Klar ist, dass Unis heute ziemlich frei sind, was sie den externen Lehrbeauftragten bezahlen. Wenn die Ministerien da Vorschriften machen sollten, sind sie meist rechtlich nicht gedeckt. Ich rate dazu, das Motto meiner bremischen Großmutter zur Richtschnur zu machen, die bei unsinnigen Ge- oder Verboten sagte: „Gaarnich um kümmern!“