Es gibt Ereignisse, die lassen vieles, was man jeden Tag so macht und denkt, ganz klein und unwichtig erscheinen – Ereignisse, die einen innehalten lassen, einen gewaltsam festhalten und dazu zwingen, auf das zu blicken, was man Alltag nennt: Wie wichtig ist das, noch den letzten unmotivierten Studierenden für etwas zu begeistern? Wie wichtig ist das, einen weiteren Antrag zu schreiben, um an neue Drittmittel zu kommen? Wie wichtig ist das, um Module und Ressourcen zu ringen und dafür stundenlang in Sitzungen zu verbringen? Wie wichtig ist das, sich wegen schlechter Noten von Sohn oder Tochter Sorgen zu machen? Wie wichtig ist das, politische Rahmenbedingungen zu beklagen, die guten Konzepten im Wege stehen? Wie wichtig ist das, über Bildung zu streiten …. etc. Was aber würde passieren, wenn wir uns nur noch um die existenziellen Ereignisse kümmern würden? Würden wir das aushalten? Würde es die Welt besser machen? Stehen nicht die kleinen, selbst scheinbar unwichtigen Dinge des täglichen Lebens mit denen in Verbindung, die uns so aus der Bahn werfen können? Und so denke ich, dass wir es TROTZDEM tun müssen: uns um die kleinen, vielleicht nur scheinbar unwichtigen Dinge Gedanken machen, auch wenn sie erst mal abstrakt erscheinen – uns für die uns anvertrauten Menschen und Aufgaben engagieren, auch wenn sie jetzt und unmittelbar keine Leben retten – uns dort einbringen, wo wir überhaupt etwas bewirken können, auch wenn diese Wirkungen nicht genau absehbar sind.
Es kann sein, dass es in diesem Blog in nächster Zeit etwas ruhiger zugeht. Es kostet etwas Anstrengung, die Dinge trotzdem zu tun, die man – und wahrscheinlich ist das gut so – durch die genannten Ereignisse in Frage stellt, die existenziellen Charakter haben. Es ist mir klar, dass das hier etwas rätselhaft klingt; ich bitte die Leser, mir das nachzusehen. Aber dieser Blog ist ein Blog in meiner Rolle als Hochschullehrerin und Wissenschaftlerin, kein privater Blog. Und dennoch tangiert das Private das Berufliche – und ich möchte dem zumindest in dieser abstrakten Form (bei der es bleiben muss) ein wenig Ausdruck verleihen. Bis demnächst – mit anderen (wichtigen und weniger wichtigen) Themen!
7. November 2010 um 18:30
Liebe Frau Reinmann
Auch wenn dies kein privater Blog ist und ich Ihre wissenschaftlichen Beiträge seit gut einem Jahr regelmässig lese, wünsche ich Ihnen für das «existenzielle Ereignis» die nötige Spannkraft.Und natürlich freue ich mich, wenn Sie sich trotzdem noch Gedanken zu den kleinen Dingen machen, wissend, dass sie den grossen Dingen den Schrecken nehmen können…
Liebe Grüsse
Katharina Lüthi
Pingback: Trotzdem « CIPPool
8. November 2010 um 11:29
Liebe Gabi,
dein Blog habe ich immer mit großer Freude gelesen. Das, was du geschrieben hast, war für mich nicht nur fachlich immer sehr informativ, es ermöglichte mir auch einen tiefen Blick in die Hochschulwelt. Bei deinen Blogbeiträgen habe ich immer das Gefühl gehabt, dass du mich teilhaben lässt an deinen ganz persönlichen Eindrücken, Erfahrungen und Schlussfolgerungen. Was du mit diesem Posting jetzt auch wieder getan hast.
Für das, was auf dich zukommt, wünsche ich dir alles Gute.
Pingback: Randnotizen » Medien und Bildung