Warum bloggen Professoren? So lautet die Frage zu einer Blogparade hier. Und dann stehe ich da an erstere Stelle – ja, natürlich muss ich darauf antworten – das ist klar! Aber das ist nach kurzem Nachdenken gar nicht so einfach. Wahrscheinlich ließe sich die Frage leichter beantworten, warum Professoren in aller Regel NICHT bloggen. Die Antwort steht vielleicht schon im Aufruf zur Blogparade: „Blogposts werden auf keiner Publikationsliste erwähnt. Blogposts werden bei Anträgen um Drittmittel nicht berücksichtigt.“ Genau! Ob Profs jetzt so viel Wert darauf legen, dass ihre Studierenden den Blog lesen, das glaube ich jetzt mal nicht. Vielleicht hoffen sie sogar, dass sie ihn NICHT lesen. Die eigenen Mitarbeiter lesen den Blog „ihres“ Profs dagegen vermutlich schon. Aber es gibt sicher noch andere Gründe dafür, als Prof nicht zu bloggen: Die Leserschaft in der Blogosphäre ist vielleicht nicht so „gewinnbringend“. Und außerdem hat man als Prof natürlich für solche Sachen keine Zeit bzw. braucht seine Zeit für wichtigere Dinge.
Und ich? Vielleicht blogge ich, weil ich zu viel Zeit und nichts Besseres zu tun habe – oder weil ich die Leserschaft mag (die man freilich aber so genau nicht kennt) – oder weil ich eh keine Drittmittel mehr will (weil man dann nämlich wieder mehr Zeit hat) – oder weil die Publikationsliste lang genug oder wegen fehlender International Journals ohnehin schon lange nichts mehr wert ist – oder: Es ist der Selbstdarstellungstrieb. Diesen Verdacht haben ja vor allem diejenigen, die nicht bloggen und sich fragen, wie man dafür seine Zeit verschwenden kann. Und wenn sie dann Christians letzten Blogposts zur Selbstdarstellung im Gruftie-Gewand auf dem Weg zur Unsterblichkeit (hier) lesen, dürfte der letzte Zweifel über die Richtigkeit dieser Überzeugung zerstreut sein 😉
Aber so ist es freilich nicht ganz … Natürlich fehlt auch mir schon mal die Zeit für Dinge, die ich an sich noch gerne machen würde. Natürlich frage ich mich manchmal selber, ob ich nicht besser einen weiteren Artikel schreiben statt mehrere Stunden im Monat meinem Blog widmen sollte. Natürlich wundere ich mich bisweilen, warum so wenig kommentiert wird und ob sich das „lohnt“. Aber: (1) Es gibt viele Vor- und Falschurteile über Wissenschaftler und Hochschullehrer – und da bietet gerade ein Blog eine schöne Gelegenheit, das eine oder andere ein wenig geradezurücken. (2) In Diskussionen sind Argumente und Meinungen recht flüchtig – in einem Blog lassen sich diese abgewogener und dauerhafter darstellen. (3) Auch Professoren haben persönliche Meinungen, die man in wissenschaftlichen Texten in der Regel nur indirekt zum Ausdruck bringen kann – ein Blog bietet die Chance, wesentlich informeller aufzutreten und die eigene Meinung zu sagen. (4) Neue Menschen kann man nicht nur in der physischen Welt kennenlernen – schon oft bin ich via Blogs auf interessante Personen gestoßen, die wirklich etwas zu sagen hatten.
Mein Tipp an Profs: Lasst die Hände vom Bloggen, wenn ihr euch davon einen bestimmten Nutzen versprecht! Bloggen aus strategischen Gründen (Marke „Peerblog“) ist sicher Zeitverschwendung, und Spaß macht das auch nicht – weder den Schreibenden noch den Lesern. Schön fände ich es trotzdem, wenn es mehr bloggende Wissenschaftler z.B. in den Bildungswissenschaften gäbe, die einem Einblicke in ihre Arbeits- und Gedankenwelt geben. Vielleicht bringt ja die Blogparade noch ein paar Gründe mehr zum Vorschein, warum sie es NICHT tun – die Profs …
21. Mai 2013 um 15:32
Vielen lieben Dank für den „Eisbrecher-Post“ (so hoffe ich doch, dass noch einiges kommt). Ich überlege noch, ob ich dem Argument zustimmen kann, das man Blogs nicht strategisch einsetzen sollte… werde mein Urteil dann vielleicht bloggen. Und danke für den regelmäßigen und vor allem ehrlichen Einblick in die Münchner Uniluft. Gerade die etwas frustgetrieben verfassten Posts machen so kleinen Nachwüchslern etwas Mut, dass es selbst für einen Prof ganz normal ist, nicht alles gut oder „wie immer“ zu empfinden.
(Zur Blogumgestaltung: Gefällt mir sehr gut, ist sehr aufgeräumt. Eins noch: Ich mag die Option, Updates zu weiteren Kommentaren per Mail geschickt zu bekommen, vielleicht könnte man das noch aktivieren.)
Grüße aus Chemnitz
Anja
21. Mai 2013 um 15:43
Ja, das mit der Mail-Benachrichtigung schau ich mir mal an – guter Hinweis – danke! 🙂
Gabi
21. Mai 2013 um 17:27
Tja, da wird uns im Studium beigebracht, welchen Sinn ein Blog haben und wie man es nutzen kann. Doch, wenn man nach Blogs von Lehrenden der eigenen Uni sucht, wird es ziemlich dünn. Was macht also der gemeine Studierende? Er liest regelmäßig fremd.
Der Vorteil dabei ist: Wenn ich hier kommentiere, latsche ich zwar zielsicher von einem Fettnapf in den nächsten. Aber, es gibt dafür nichts auf die Mütze. Etwas Besseres kann mir gar nicht passieren!
21. Mai 2013 um 22:28
Bei uns auf dem Redaktionsblog der Blogplattform für die deutschsprachigen Geisteswissenschaften de.hypotheses.org gibt es gerade passend eine Artikelserie zum Wissenschaftsbloggen. Der heutige Beitrag trägt den Titel „Warum sollte ich als Wissenschaftler/in bloggen? und bringt es auf 10 gute Gründe: http://redaktionsblog.hypotheses.org/1209
28. Mai 2013 um 04:36
Würde ich nach der persönlichen Motivation gefragt, ist es die Möglichkeit Meinungen und Einschätzungen zu kommunizieren. Dies ist in der „normalen“ wissenschaftlichen Welt sonst nur recht eingeschränkt möglich.
Pingback: Hilfe, mein Prof bloggt! | cspannagel, dunkelmunkel & friends