Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Wissenschaftler führt man nicht

Dieser Beitrag hier von François Bry hat mich ziemlich nachdenklich gemacht. Er handelt von der „Führung von Wissenschaftlern“. Ich selber habe ja das Gefühl, dass der Führungsbegriff im Kontext der Wissenschaft nicht passt – es sperrt sich mir da etwas, ohne dass ich das so genau sagen kann, was es ist. Jedenfalls ist schon mal der Einstieg besagten Beitrags selbstredend – er lautet so (Zitat): „´Beim Bergsteigen hat man mit dem Führer-Prinzip nie Erfolg, weil immer der Gröbste und Dümmste die Führerschaft beansprucht´ hat Reinhold Messner neulich während eines Vortrags im Münchner Literaturhaus über den Stellungskrieg in den Dolomiten im ersten Weltkrieges gesagt. Ich wußte schon, dass es im ´Wissenschaftsbetrieb´ wie bei den Bergsteiger Seilschaften gibt, die Schwache ganz nach oben bringen. Mir war allerdings nicht bekannt, dass auch das Streben mancher nach Leitungsstellungen beide Berufsgruppen eint.“

Das ist schon eine ganz klare Aussage – und sie ist absolut betrachtet sicher kritisch zu sehen, denn in der Konsequenz hieße das, dass speziell alle Rektoren und Präsidenten tendenziell der Gruppe der Groben und Dummen zuzuordnen sind, um u.a. die Seilschaften der Schwachen zu fördern. Das wäre denn wohl doch zu einfach. Im weiteren Verlauf des Beitrags aber wird klarer, worum es (offensichtlich) vor allem geht: Wissenschaft als „Unternehmung“ ist schwierig etwa im Hinblick auf seinen Erfolg einzuschätzen und Erfolg (also Erfolg haben oder eben nicht) wird ja nun häufig als Referenz für Führungsentscheidungen verwendet. „Erfolg ist in der Wissenschaft flüchtig“ – so heißt es z.B. an einer Stelle des Beitrags. Ja, dem ist wohl so! Und: „in der Wissenschaft [geht es] wie beim Bergsteigen nicht darum …, oben zu sein, sondern immer wieder von ganz unten neu anzufangen“ – so der Schlusssatz. Ja, auch da kann man, denke ich, zustimmen. Und was folgt daraus für die „Führung“?

Ich persönlich glaube ja: Wissenschaftler führt man nicht! Wissenschaftler führen sich in ihrem Forschungsfeld selbst (bzw. die Sache führt sie). Wissenschaftler führen sich untereinander in der Fach-Community, wobei auch da Kriterien des Erfolgs und der Zusammenarbeit natürlich aus dem Ruder laufen können (und es ja auch oft genug tun). Innerhalb einer Einzelorganisation dann benötigt auch der Wissenschaftler selbstverständlich Koordination und Moderation (und darum muss sich jemand kümmern, und das sind hoffentlich genau nicht die Dümmsten und Gröbsten). Man mag das (die Koordination und Moderation) vielleicht auch Führung nennen können, aber dieser Begriff suggeriert eine Form der Unterordnung und der Delegation von Verantwortung in einer Weise, die mir intuitiv widerstrebt, wenn es um Wissenschaft und Wissenschaftler geht ….

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