Neuerdings legen uns Artikel aus der Feder von Mitgliedern des Wissenschaftsrates insbesondere in der ZEIT dringend nahe, dass wir bei der Verbesserung der Hochschullehre von der Schule lernen sollten. Den Anfang machte Volker Meyer-Guckel bereits im April 2015 (hier) mit der Aufforderung, Verschulung nicht immer nur negativ zu sehen, sondern eher mal die Schule als Vorbild zu nehmen. So sollte man z.B. Lehrende auf ihre Aufgaben systematisch vorbereiten und regelmäßig fortbilden – wogegen wirklich gar nichts einzuwenden wäre, würde das nicht auch gepaart sein mit pauschalen Feststellungen über Unwille und Unfähigkeit von Hochschullehrenden, sich für die Lehre zu engagieren. Und nun Manfred Prenzel (hier): Von der Schule zu lernen, bedeutet für ihn, sich an gutem Unterricht in der Schule zu orientieren. Nun mag auch das in Grenzen eine Bereicherung sein, wenn man sich gelingendes Lehren und Lernen in verschiedenen Bildungskontexten also auch in Schulen, anschaut, um Impulse für die Hochschullehre zu gewinnen. Die Grenzen aber sind schnell erreicht, wenn man Ziele, Zielgruppen und Gegenstände der Schul- und Hochschulbildung miteinander vergleicht. Dass ausgerechnet der WISSENSCHAFTsrat so leichtfüßig über diese Unterschiede hinwegzugehen scheint, verwundert doch schon.
Differenzierter ist der aktuelle „Bericht des Vorsitzenden des Wissenschaftsrats zu aktuellen Tendenzen im Wissenschaftssystem“ (hier): Hier geht es um „institutionelle Strategien zur Verbesserung der Lehre an Hochschulen“. Kernbotschaft des Berichts ist, dass eine substanzielle Verbesserung der Lehre übergeordnete und institutionelle Programme und Strategien brauche und keine weiteren Projekte – vor allem solche nicht, die sich auf das „Abhalten von Lehrveranstaltungen“ konzentrieren. Gemeint ist die Ebene der Programm- und Curriculumgestaltung, die Ressourcenallokation, die Qualifizierung von Lehrenden, Kooperationen in der Lehre, Medienstrategien für die Lehre, Qualitätsentwicklung generell etc. Prenzel macht das am Beispiel von Prüfungen deutlich, was er meint, wobei aus meiner Sicht gerade dieses Thema auch auf der genuin didaktischen Ebene noch ein großer blinder Fleck ist. Hier wird dann Gott sei Dank darauf verzichtet, für ein Modelllernen mit Blick auf die Schule zu plädieren.
Nun ist es allerdings keine neue Erkenntnis, dass man bei der Gestaltung von Hochschullehre immer mehrere Ebenen im Blick haben muss. Das wusste bereits Karl-Heinz Flechsig im Jahr 1975. Dazu folgt in Bälde ein eigener Blog-Beitrag!
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