Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Wissenschaftliche Leitung: Alles klar?

Der Qualitätspakt Lehre (siehe hier) geht Ende 2016/Anfang 2017 in die zweite Förderrunde bis 2020. Wer dabei ist, steht inzwischen fest: Auch die Universität Hamburg darf sich über eine weitere Förderung des Universitätskollegs freuen. Diese Nachricht kam pünktlich kurz vor der vierten Jahrestagung des UK (siehe hier).

Seit Oktober 2015 nun habe ich die „wissenschaftliche Leitung“ des Universitätskollegs inne. Aktuell befinden wir uns noch in der ersten Förderrunde; in gut einem Jahr startet dann die zweite.

Das Universitätskolleg ist komplex. Es bildet, so die Selbstbeschreibung, „den konzeptionellen, institutionellen und operativen Rahmen für Initiativen, die die zentrale Bildungspassage zwischen Schule oder Beruf und Universität gestalten und die Fähigkeiten zum wissenschaftlichen Studium betreffen“. In der zweiten Förderphase nun soll dies erweitert werden auf andere Phasen des Studiums. Beibehalten wird, dass das Universitätskolleg sowohl fakultätsspezifische als auch fakultätsübergreifende Projekte und Aktivitäten bündelt, mit dem Kompetenzzentrum Nachhaltige Universität (untergliedert in mehrere Teams, zu denen eines für Studium und Lehre gehört) zusammenarbeitet und zudem mit unserem Zentrum (das HUL) Kooperationen hat.

Nun schwirrt mir vor lauter Leitung schon der Kopf: Während weitgehend klar ist, was es bedeutet, ein Zentrum zu leiten (was NICHT heißt, dass das einfach ist), und einigermaßen klar sein dürfte, was es heißt, ein Team zu leiten (wie im KNU), frage ich mich, wem eigentlich so richtig klar ist, was genau eine „wissenschaftliche Leitung“ großer Vorhaben (wie das UK) macht und verantwortet.

Auf den ersten Blick mag diese Frage unnötig erscheinen, zumindest wenn man beobachtet, wie selbstverständlich von wissenschaftlichen Leitern/innen und wissenschaftlichen Leitungen gesprochen wird. Aber ist es wirklich so klar? Was genau unterscheidet eine wissenschaftliche Leitung von einer „operativen Leitung“, einer „Leitung“ ohne nähere Spezifizierung oder gar einer „wissenschaftlichen Geschäftsführung“ (was ich nun auch schon ein paar Mal gelesen habe)? Was erwarten Wissenschaftler/innen und was erwarten Angestellte in der Verwaltung einer Hochschule von einer wissenschaftlichen Leitung? Was genau leitet man da? Und wann ist dieses „Leiten“ wissenschaftlich? Je mehr ich darüber nachdenke, umso diffuser wird das. Einfach scheint es noch an der Stelle zu sein, wo die wissenschaftliche Leitung explizit mit einer „wissenschaftlichen Begleitung“ (und dann in der Regel auch mit zusätzlichem Personal) verbunden wird. Hier gibt es zumindest einen gewissen Konsens, dass damit Beratung (auf der Basis fachlich passender theoretischer und empirischer Erkenntnisse) und Evaluation gemeint ist – in welcher Gewichtung und Form aber ist durchaus offen. Wenn nun ein Vorhaben aus Teilprojekten besteht, die wiederum von Wissenschaftlern/innen geleitet werden, muss man sich allerdings auch hier fragen, wie weit der Arm der „wissenschaftlichen Leitung“ in die Peripherie der Teilprojekte reichen soll, darf oder muss. Und dann ist da noch die Rolle der Repräsentation: Ist eine wissenschaftliche Leitung vor allem dazu da, das, was geleitet wird, nach innen und außen zu repräsentieren? Und mit welchem WISSENSCHAFTLICHEN Anspruch? Ist das sinnvoll? Lässt sich das immer mit der kritischen Distanz verbinden, die – das wäre ja die nächste Frage – doch auch zu einer Leitung, die sich wissenschaftlich nennt, zwingend verbunden sein sollte?

Aber vielleicht darf man diese Fragen gar nicht stellen, weil man sonst handlungsunfähig wird angesichts der Anstrengung, Antworten zu finden, die dergestalt sind, dass sie die dazugehörigen Fragen wieder auflösen. Also einfach Augen zu, Grußworte formulieren und Sitzungen moderieren? Nein, ich glaube, ich suche mindestens nebenher doch noch ein Weilchen nach ein paar Antworten – Unterstützung jederzeit erwünscht! 😉

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