Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Nicht schon wieder

Am 24. August 2018 berichtete der Journalist Jan-Martin Wiarda (hier) von einem aktuellen Vorstoß des neue Präsidenten der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) Peter-André Alt, der sich – so der Titel und Aufhänger Wiardas, zum dauerhaften Wettbewerb in der Hochschullehre bekenne und zum Ziel habe, sich mit der HRK als Deutsche Lehrgemeinschaft zu bewerben .

Die HRK, so zitiert Wiarda Peter-André Alt (allerdings ohne eine Quelle anzugeben) sei bereit, einen auf Dauer angelegten Wettbewerb zur Förderung von Lehrinnovationen zu administrieren; er wolle allerdings keine neuen Institutionen und mehr Bürokratie, sondern eine Diskussion über Qualitätskriterien als Grundlagen eines solchen Wettbewerbs. Wiarda verweist auf das Wissenschaftsratspapier vom Mai 2017 (siehe dazu in diesem Blog z.B. hier und eine ausführliche Kommentierung hier) und auf die damalige Reaktion der HRK durch Horst Hippler, der eine neue, auf Wettbewerb basierende, Institution für die Lehre entschieden abgelehnt hatte, und resümiert: „Dass der neue HRK-Präsident so viel kompromissbereiter klingt als sein Vorgänger Hippler, hat nicht nur etwas mit persönlichen Vorlieben zu tun. Alt folgt damit auch den politischen Realitäten: Die Große Koalition hat nämlich den WR-Vorschlag in ihrem Koalitionsvertrag aufgegriffen und angekündigt, auch den 2020 auslaufenden Qualitätspakt Lehre auf Dauer zu stellen und weiterentwickeln zu wollen – ´in Anlehnung an die Empfehlungen des Wissenschaftsrates´.“ Aus welcher Quelle auch immer zitiert Wiarda dann eine weitere Äußerung des neuen HRK-Präsidenten, die da laute: „Wenn die Bundesregierung darüber hinaus auch künftig einen Teil der Hochschulfinanzierung über einen Wettbewerb vergeben möchte, ist das von uns zu akzeptieren“, womit, so Wiarda, die 200 Millionen Euro gemeint seien, die bislang in den Qualitätspakt Lehre fließen. Des Weiteren schlägt Alt (laut Wiarda) vor, dass die HRK die Aufgaben der dann wohl nötig werdenden „bundesweit eigenständigen Organisation“ übernehmen wolle.

Für Wiarda folgt daraus: „Was selbstlos klingt, ist in Wirklichkeit nüchternes Kalkül: Die HRK will – quasi im Nebenjob – zur Deutschen Lehrgemeinschaft werden.“, und er fragt unter anderem: „Kann ein auf Proporz ausgerichteter Lobbyverband wie die HRK wirklich unpopuläre Wettbewerbsentscheidungen ermöglichen?“ In Fragen dieser Art, so meine Einschätzung, schwingt mal wieder die immer noch währende Hoffnung mit, dass der Siegeszugs des Wettbewerbsdenkens unsere Gesellschaft in jedem Fall besser mache – und folglich auch die Hochschulen. Haben wir nicht längst genug Belege dafür, dass dem nicht so ist?

Nun, was soll man (a) von Wiardas Beitrag und (b) von dem Vorstoß der HRK (ohne dass ich allerdings eine Primärquelle finden kann) halten? Der Beitrag ist eine Mischung aus Info und Meinung, und vermutlich ist Wiardas Meinung auch mehrheitsfähig. Ich persönlich hätte mir eine differenziertere Einschätzung eines so erfahrenen Wissenschaftsjournalisten gewünscht. Was Alts Vorstoß selbst angeht, so bin ich unsicher, wie man das einschätzen kann und soll: Einerseits finde ich es schon sinnvoll, wenn mal jemand die Frage laut stellt: Was ist denn jetzt ab 2021, wenn der Qualitätspakt Lehre ausläuft? Das wird ja derzeit geradezu totgeschwiegen. Und im ersten Moment dachte ich mir: Ja, zumindest die HRK und nicht wieder nur Stiftungen, die sich für die Hochschullehre verantwortlich fühlen. Andererseits greift Alt trotz der Position der HRK von 2017 den Wettbewerbscharakter offenbar wieder aktiv auf (oder akzeptiert ihn zähneknirschend – wie auch immer man die in Wiardas Beitrag zitierten Aussagen von André Alt deuten mag), und da hätte ich jetzt von der HRK doch zumindest einen alternativen Vorschlag erwartet. Ich frage mich, warum keine wirklich kreativen Vorschläge kommen. Wenn man das Geld partout nicht an die Hochschulen direkt geben will, dann könnte man dennoch etwas ohne den ständigen Wettbewerbscharakter denken, also etwas, was nicht schon wieder darauf hinausläuft, Anträge zu schreiben, als Gutachter zu arbeiten, Zeit zu verschwenden, neue Glanz-Webseiten zu kreieren, die an der Realität vorbeigehen usw. Mal sehen, wie es weitergeht …

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