Im Sommer 2018 hat der Philosophische Fakultätentag unter dem Titel: „Für gute Habilitationsverfahren!“ Empfehlungen zur Durchführung von Habilitationsverfahren erarbeitet, sich damit zur Habilitation als einem von unterschiedlichen Zugangswegen zur Professur bekannt und sich zudem darauf geeinigt, auch Empfehlungen für die Juniorprofessur zu formulieren. Jetzt im Januar findet sich auf Jan-Martin Wiardas Blog hier ein Interview. Mit Fazit nach dem Lesen: Ich bin beeindruckt, mit welch stoischer Haltung der Vorsitzende des Philosophischen Fakultätentags, Tassilo Schmitt, die sehr provokant insistierenden Fragen sachlich beantwortet.
Der Teaser und die ersten vier Fragen bzw. Redeaufforderungen lauten nämlich so: (Teaser) Imageprobleme, Intransparenz, mangelnde Standards: Der Philosophische Fakultätentag will die Habilitation retten. Der Vorsitzende Tassilo Schmitt sagt, wie das gehen soll. (Frage 1) seit 15 Jahren gibt es die Juniorprofessur, jetzt etablieren Bund und Länder den Tenure Track als Zugang zur Professur. Hat die Habilitation sich überlebt? (Frage 2) Aber ihre Bedeutung als Königsweg zur Professur hat sie doch längst eingebüßt. (Frage 3) Sie hat aber ein schlechtes Image. Wer sich habilitieren will, begibt sich in eine Abhängigkeit, die manchmal viele Jahre dauert und keineswegs automatisch in eine Professur mündet. (Frage 4) Stört es Sie nicht, dass die Habilitation unter Plagiatsskandalen leidet? Wenn von Gefälligkeitsverfahren die Rede ist zugunsten des eigenen wissenschaftlichen Nachwuchses, von mangelnder Qualitätssicherung?
Möge sich jeder selbst ein Bild machen und das kurze Interview lesen. Ich jedenfalls finde (anders als die Kommentatoren im Anschluss), dass Schmitt hier nachvollziehbar für den Erhalt der Habilitation plädiert – und zwar da, wo sie eben auch Sinn ergibt. Forschung zwischen wie auch innerhalb von Disziplinen ist so divers, dass es mir gerechtfertigt erscheint, differenziert zu entscheiden, ob Wissenschaftler, die eine Professur anstreben, ihre Eignung mit einem umfassenden „Werk“ oder kumulativ zeigen – denn das lässt sich meiner Ansicht nach nicht davon trennen, wie in fachwissenschaftlichen Communities gearbeitet und geforscht wird. Wieso sollte hier EIN Verfahren grundsätzlich das Bessere sein? Habilitieren KANN man freilich auch kumulativ, aber in gewisser Weise immer kumulativ ist das Arbeiten bei der Junior-Professur; also fällt eine Variante weg, wenn man nur noch auf letztere setzt. Die meisten Kritikpunkte, die der Interviewer gegen die Habilitation ins Spiel bringt, scheinen mir ganz grundsätzlich von Bedeutung zu sein und beziehen sich keineswegs allein auf die Habilitation: Abhängigkeiten, Verfahrensprobleme, Gutachterschwächen etc. Auch in der Evaluation von Junior-Professuren holt man Gutachten ein, vollzieht verschiedene Bewertungsprozesse etc. Warum Empfehlen dafür pauschal als Indiz gelten sollen, dass da ganz viel im Argen liegt, ist ja nun auch ein Argument, das man derzeit wohl ständig anbringen könnte, denn Empfehlungen für den Hochschulsektor werden ja wohl am laufenden Band verfasst. Auch Kritik an der Feststellung von Lehrbefähigung ist wichtig und gerechtfertigt, aber sie gilt z.B. ebenso für Berufungsverfahren usw.
Vor diesem Hintergrund finde ich den Interviewstil schon sehr verwunderlich.