Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Einfach so

Letzte Woche war Ines Langemeyer zu Gast bei uns am HUL. Wir haben uns fast zwei Tage Zeit genommen, um über das Thema Wissenschaftsfreiheit aus didaktischer Perspektive nachzudenken (einfach so – ohne Ansinnen auf einen Projektantrag;-)) – zu zweit und dann erweitert zusammen mit sieben Nachwuchswissenschaftlerinnen, denen wir unsere erarbeiteten Überlegungen und Thesen vorgestellt und diskutiert haben.

Worum geht es uns? Wissenschaftsfreiheit ist ein großes, für manche auch ein pathetisches Wort und damit besser zu vermeiden. Wir denken allerdings, dass es ganz zentral ist – auch für die Hochschuldidaktik. Wissenschaftsfreiheit umfasst sowohl die Freiheit der Forschung als auch die der Lehre. Das kommt gut uin folgendem Zitat zum Ausdruck: „Art. 5 Abs. 3 GG schützt jede wissenschaftliche Tätigkeit, also alles, ‚was nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist‘ […] Die Wissenschaftsfreiheit umfasst die Forschung, als ‚die geistige Tätigkeit mit dem Ziele, in methodischer, systematischer und nachprüfbarer Weise neuer Erkenntnisse zu gewinnen‘ ebenso wie die Lehre als ‚der wissenschaftlich fundierten Übermittlung der durch die Forschung gewonnenen Erkenntnisse‘ (Jantz, 2017, S. 41)[1].

In den letzten Jahren gab einige verdienstvolle Arbeiten zur historischen Rekonstruktion der Lehrfreiheit (z.B. hier). Dennoch, so ein Ergebnis unseres Treffens,  scheinen nach wie vor viele Fragen offen zu sein: Welchen Stellenwert sollten wir heute der Wissenschaftsfreiheit in ihrem umfassenden Sinne aus didaktischer Perspektive zumessen? Inwiefern ist Wissenschaftsfreiheit eine Grundlage für didaktisches Handeln? Wodurch kann Wissenschaftsfreiheit bedroht sein, inwiefern ist sie bereits gefährdet und welche Folgen hat das für Lehre und Studium? Wir gehen davon aus, dass mit einem Diskurs über Wissenschaftsfreiheit aus didaktischer Perspektive mindestens drei weitere große Phänomene bzw. Themenkomplexe verbunden sind, die derzeit viel diskutiert werden – allerdings für sich genommen und ohne Bezug zur Wissenschaftsfreiheit, nämlich:

  • die Digitalisierung als infrastrukturelle Veränderung wissenschaftlicher Institutionen und Verlagerung von Verantwortung hin zu Algorithmen und „Künstlicher Intelligenz“ und die damit verbundene Transformationsrhetorik in Forschung, Lehre und Studium,
  • die Kompetenzorientierung und das damit verbundene Constructive Alignment als dominante Maximen und deren Einwirken auf Lehre und Studium,
  • der Wettbewerb in der Forschung und zunehmend wettbewerbliche Strategien in der Lehre mit allen damit zusammenhängenden Folgen an Hochschulen.

Unsere sich daran anschließenden Thesen wollen mit anderen zusammen diskutieren; ich stelle sie hier noch nicht ein, weil wir uns erst noch über das weitere Vorgehen im Detail verständigen werden. Auf das Thema hinweisen aber wollte ich trotzdem schon mal.

[1] Jantz, M. (2017). Sprachwahl und Wissenschaftsfreiheit. Ordnung der Wissenschaft, 1, 41-50.

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