Verändert die Pandemie die universitäre Lehre? Sind etwaige Veränderungen vorrangig Reaktionen auf äußere Anforderungen? Oder geben sie auch Impulse für gestaltendes Handeln? Die Fragen mögen einfach klingen und die Antworten naheliegen: Ja, die Pandemie verändert die aktuelle Lage, weil wir auf äußere Anforderungen reagieren und zugleich hoffen, dass aus der ganzen Misere einige Gestaltungsimpulse resultieren. Ich möchte diese Fragen dennoch nutzen, um meine Gedanken über universitäre Lehre zu sortieren, die mir, und sicher nicht nur mir, seit einiger Zeit durch den Kopf gehen. Sie sollen im Zuge des Sortierens eine Grundlage schaffen für die Beantwortung einer weiteren Frage, die weitaus komplexer ist, weil sie die erstrebenswerten Zukunftsbilder für eine Zeit tangiert, in der einige bislang selbstverständlich erscheinenden Facetten des Lehralltags tabu sein könnten: Was von dem, das die Zeit vor der Pandemie kennzeichnete, könnte man gar hinter sich lassen oder langfristig verändern? Welche neuen Optionen könnten sich auftun und auf welche Gestaltungsannahmen liefe das hinaus? Mehr dazu in einem Impact Free-Beitrag mit dem Titel „Universitäre Lehre in einer Pandemie – und danach?“ hier.
Und danach?
1. Juni 2020
21. Juni 2020 um 20:47
Was wäre denn eine Art von „authentische[n] Inszenierungen von Wissenschaft im virtuellen Raum im Sinne eines vortragenden Modus, der die Einzigartigkeit lehrender und zugleich forschender Personen zur Vermittlung von Wissenschaft ganz gezielt nutzt“, an die Sie denken? Können Sie das durch ein Beispiel näher ausführen?
22. Juni 2020 um 06:52
Nein, das funktioniert nicht. Ich denke oder hoffe, dass man aus der eigenen Anschauung Hochschullehrende bzw. deren Vorlesungen oder auch einzelne Vorträge erlebt hat, auf welche diese Attribute zutreffen. Hat man das nie erlebt, wird es in der Tat schwierig. Es gibt ein Buch von A. Gruschka mit dem einfachen Titel „Lehren“ von 2014. Am Ende des Buches skizziert er „acht Modelle des Lehrens“ – das sind aus meiner Sicht „authentische Inszenierungen“. Diese Modelle sehen so aus:
Der Philosoph verweigert das Lehren (Sokrates)
Der Meister lässt rudern (Lino Farnea)
Der Experte zeigt das Sehen (Michael Baxandall)
Der Guru erzieht und verführt zum Tanzen (Royston Maldoom)
Der Gelehrte demonstriert das Denken (Theodor W. Adorno)
Der Forscher methodisiert die Neugierde (Ulrich Oevermann)
Der Erzieher arrangiert eine moralische Lektion (Jean-Jacques Rousseau)
Der Lehrer führt zur Krise des Erkennens (Martin Wagenschein)