Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Design-Wissen – von Designern lernen

Design-Based Research (DBR) heißt so, weil hier Forschung auf der Basis von Design-Tätigkeiten erfolgt, Design also ein Modus des Erkennens ist. Der Design-Begriff ist daher zentral und man teilt ihn mindestens mit der „Design-Theorie“ oder „Design-Forschung“, und zwar ohne, dass es sich hier um das Gleiche handelt. Für mich ist mit dem gemeinsamen Begriff des Designs dennoch eine gewisse Verpflichtung verbunden, auch Autorinnen und Autoren aus diesem – den Bildungswissenschaften eher unbekannten und fernen – Gebiet zu Rate zu ziehen, wenn es um Design-Tätigkeiten in DBR geht (siehe dazu auch hier). Ein relativ aktueller Text von Kolarić, Beck und Stolterman mit dem Titel „On the hierarchical levels of design knowledge“ ist ein solcher Beitrag, der auch für DBR eine gewisse Relevanz haben kann. Der Text ist online hier zugänglich.

Die Autoren des Textes gehen folgenden Fragen nach: Welche Typen von Design-Wissen gibt es und in welcher Beziehung stehen sie zueinander? Wie wird dieses Wissen generiert und immer wieder weiterentwickelt? Wie lässt sich Design-Wissen in eine „cognitive map“ (im Sinne einer übergeordneten Struktur) organisieren? Im Zentrum des Betrags steht – bezogen auf diese Fragen – ein Modell, das die Autoren CHD (context – development – high level) hierarchy of design knowledge“ nennen. Das Modell besteht aus drei Ebenen, die sich danach unterscheiden, wie gut das Wissen validiert bzw. evidenz-basiert ist.

Auf der untersten Ebene (geringe Validierung) steht „contextual design knowledge“ – Wissen, das sich auf ein konkretes Design-Problem in einem spezifische Kontext bezieht (p. 53 f.): Hier wissen Designer, dass sie etwas (noch) nicht wissen; sie entdecken aber die unbekannten Einheiten, sichten sie, ordnen sie nach Relevanz und streben eine erste Design-Vorlage an. Diese Ebene korrespondiert auch mit einer Phase, in der viele Tätigkeiten wichtig sind: beobachten, analysieren, verstehen, definieren, entdecken, klären. Entsprechend nennen die Autoren folgende Methoden, die zum Einsatz kommen können: Interviews, Fokusgruppen, ethnografische Studien.

Auf der mittleren Ebene (mittlere Validierung) befindet sich „design development knowledge“ – also Wissen über „Design-Zustände“, das in Artefakte eingebettet ist. Unterschieden werden (a) konzeptuelle Design-Zustände während der Ideenfindung, (b) intermediäre Design-Zustände, die vorläufiger Natur sind, und (c) finale Design-Zustände, die genutzt werden können, um „Produkte“ umzusetzen. Auf dieser Ebene bzw. in dieser Phase spielt, so die Autoren, das abduktive Denken eine zentrale Rolle. Hier sei zudem die Domäne der (klassischen) Design-Methoden anzusiedeln, mit denen man konstruiert und verfeinert, implementiert und ausprobiert.

Auf der obersten Ebene (hohe Validierung) wird „high-level design knowledge“ verortet. Hier werden eine ganze Reihe von Begriffen eingeordnet, die man auch in DBR als „Ergebnisse“ kennt: Design-Pattern, Design-Konzepte, Design-Grundsätze oder -Leitlinien, Design-Prinzipien, Design-Gesetzte, Design-Theorien, wobei der Abstraktionsgrad der Begriffe allmählich aufsteigend ist. Methodisch sehen die Autoren hier interessanterweise Introspektion und Reflexion an erster Stelle.

Was bringt das jetzt für DBR? Ich kann diese Frage zugegebenermaßen noch nicht gut beantworten. Angesichts der Tatsache aber, dass die DBR-Literatur nach wie vor dem Akt des Designs selbst erstaunlich wenig Aufmerksamkeit schenkt, halte ich es für fruchtbar, die Literatur zur Design-Forschung und -Literatur, zu welcher der zitierte Text zählt, im Auge zu behalten. Kolarić, Beck und Stolterman liefern mit ihrem Modell zu Design-Wissen aus meiner Sicht keine überraschend neuen Erkenntnisse, verweisen aber doch auf die Bedeutung der Verwobenheit von Wissen als Erkenntnisziel und dem Prozess des Designs. Bedenkenswert finde ich zudem, dass sie letztlich verschiedene Design-Wissensqualitäten formulieren, die man auch in der DBR-Literatur findet. Zentral erscheint mir die mittlere Ebene, deren Beschreibung am deutlichsten Prozesse und eben auch Wissenselemente nahelegt, die in der DBR-Literatur wenig thematisiert werden.

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