Es dauert schon eine Weile, bis man mehrere Bachelor- und Master-Programme einigermaßen verstanden hat, wenn man an deren Gestaltung nicht selbst beteiligt war. Die ZU bietet insgesamt vier Bachelor-Programme an sowie mehrere Master-Programme. Wie fast überall ist die Programm-Reform eine Daueraufgabe, denn am Reißbrett lassen sich Studiengänge wohl nie treffsicher gestalten und wenn man dann meint, die richtigen Weichen gestellt zu haben, haben sich Bedürfnislagen und Ansprüche schon wieder verändert. Ich kann hier die Studienprogramme der ZU nicht beschreiben – einen Überblick kann man sich hier auf der Web-Seite verschaffen.
Worauf ich aber hinaus will, ist eine Besonderheit an den ZU-Studiengängen, die mich diese Woche rückblickend besonders beschäftigt hat: nämlich deren Interdisziplinarität. Dieser Begriff und die dahinter stehenden Chancen und Schwierigkeiten haben mich in diesem Blog schon öfter umgetrieben – etwa im Zusammenhang mit dem gerade neu entstehenden „Interdisziplinären Journal für Technologie und Lernen (iTeL)“ (z.B. hier), in Bezug auf einige Dissertationen, die 2013 abgeschlossen worden sind (z.B. hier), und anlässlich meiner wirklich nachhaltigen Erfahrungen mit dem Thema „Interdisziplinäre Vermittlungswissenschaft“ in der Zeitschrift „Erwägen – Wissen – Ethik“ (hier).
Nun spielt die Interdisziplinarität in den Studiengängen der ZU eine ganz herausragende Rolle – und zwar gleich zu Beginn des Studiums (siehe z.B. hier). Dass das keine leichte Aufgabe ist, weiß jeder, der mit verschiedenen Disziplinen und Fächern in Forschung oder Lehre konfrontiert ist. Das Wissenschaftssystem tut sich immer noch schwer damit, interdisziplinäre Forschung nicht nur zu fordern, sondern auch zu honorieren – leichter hat man es in der Regel mit disziplinären Arbeiten. In der Lehre zeigen sich Studierende oft überfordert, wenn sie mit mehreren wissenschaftlichen Zugängen gleichzeitig konfrontiert sind. Und sowohl in der Forschung als auch in der Lehre ist der Aufwand größer, wenn man sich untereinander erst einmal koordinieren, über den eigenen Tellerrand schauen und sich auf andere Sprachen und Methoden ansatzweise einlassen muss. Von daher ist aus meiner Sicht an JEDER Universität, so auch an der ZU, die Interdisziplinarität eine permanente Herausforderung für Lehrende und Lernende – gesäumt von Hindernissen, vor denen man nicht zu schnell kapitulieren darf.
Oft wird die Meinung vertreten, man müsse erst einmal in einer Disziplin sozialisiert sein, um den Blick in andere werfen und gar in diesen agieren zu können. Andere wiederum wenden ein, dass ein Verständnis für die Multiperspektivität, mit der man vor allem gesellschaftlichen Phänomenen begegnen muss, nicht früh genug eingeübt werden kann. So oder so: In der letzten Woche war ich in mehrere Gespräche involviert, die mir wieder einmal deutlich vor Augen geführt haben, dass sich die Wissenschaft als Ganzes und die Hochschullehre generell immer noch schwer damit tun, Interdisziplinarität wirklich zu fördern: Wenn interdisziplinär ausgebildete Bachelor-Absolventen Sorgen haben, keinen adäquaten Master-Anschluss zu finden, weil sie nicht eng disziplinär studiert haben, dann muss man sich fragen, warum dennoch das Label der Interdisziplinarität an vielen Unis so gerne verwendet wird. Und wenn interdisziplinär arbeitende Nachwuchswissenschaftler ihre Artikel nur mit großer Mühe in Zeitschriften unterbringen können, dann muss man diese Frage auch in Richtung Forschung stellen. Letztlich ist es wohl so, wie es vor gut einem Jahr in einem Artikel der FAZ geschrieben stand: „Was Karl Valentin über die Kunst gesagt hat, gilt auch für die Interdisziplinarität: Sie ist schön, macht aber viel Arbeit.“
Was bedeute „Pendelblick“? Siehe hier