„Change: Digital Readiness“, so lautete das Motto der diesjährigen Campus Innovation – einer jährlichen Veranstaltung, die zusammen mit dem Konferenztag Studium und Lehre und der Jahrestagung Universitätskolleg der Universität Hamburg veranstaltet wird. Im letzten Blog-Post (hier) habe ich meinen Vortrag online zugänglich gemacht – noch ohne weitere Kommentare zur Tagung, die ich zu rund zwei Drittel besuchen konnte. Ich will jetzt keine Inhaltsangabe zur Veranstaltung machen, zumal da das Multimedia Kontor im Nachgang vermutlich wieder so Einiges verfügbar machen wird. Die Veranstaltung war gut besucht und natürlich war es für mich (da ich nun schon länger auf keiner der mir vertrauten Tagungen mehr war) wirklich schön, mal wieder ein paar bekannte Gesichter zu sehen und hier und da einen kleinen Austausch zu haben. Außerdem fahre ich immer gern nach Hamburg …
Berichten möchte ich aber kurz über den Auftakt des zweiten Konferenztags: Olaf Scholz, seit 2011 Erster Bürgermeister von Hamburg, gehörte zu den prominenten Rednern des Vormittags und berichtete von der Digitalisierungsinitiative Hamburgs sowie vom Konzept einer „Hamburg Open Online University“. Ja, okay: Man hätte den Vortrag wohl auch schon vor zehn Jahren halten können – in gewisser Hinsicht jedenfalls (was für viele andere Inhalte auch gilt). Aber das ist halt so: Bis neue Technologien speziell in der Bildung in die Breite gehen, bis didaktische Ideen aus den kleinen Kreisen von Pionieren heraustreten, vergeht nun einmal Zeit – mitunter auch richtig viel Zeit. Aber das soll jetzt gar keine Kritik sein, sondern einfach nur eine Feststellung. Bemerkenswert (und erfreulich) fand ich, dass nach dem Vortrag von Scholz einer Gruppe von Studierenden vom AStA der Universität Hamburg die Möglichkeit gegeben wurde, zu sprechen und ihre Kritik an der aktuellen Universitätssituation vorzubringen. Nun, auch diese Kritik war nicht gänzlich neu, denn ähnliche (wenn auch sicher nicht ganz die gleichen) Argumente (Ökonomisierung, Finanzmangel, Partizipationslücken etc.) gab es schon zu meiner Studentenzeit, also in den 1980er Jahren, und ebenso in den 1970er Jahren. Vielleicht war das auch der Grund, warum Scholz – immer noch am Rednerpult stehend – dem Asta-Sprecher bei seinem Statement lächelnd zugehört hat, denn lustig hat er sich über die Studierenden, so mein Eindruck, sicher nicht gemacht; eher könnte man ein Déjà-vu aus früheren Zeiten vermuten. Er ließ es sich dann auch nicht nehmen, auf die Kritik zu antworten.
Ich kann das an der Stelle inhaltlich gar nicht mehr rekonstruieren. Mir wurde nur klar, dass es heute viel schwieriger geworden ist, die (aus meiner Sicht durchaus notwendige) kritische Analyse bestehender Verhältnisse zu konkretisieren und in eine Sprache zu fassen, die nicht gleich belächelt und abgetan wird mit einem „das-hatten-wir-doch-schon“: Das, was man auch heute noch kritisieren kann und ändern sollte, ist subtiler geworden, es gibt kein klares „Feindbild“ mehr, nicht mal mehr eindeutige abzulehnende Begriffe, sondern oftmals nur eine Ahnung, dass nicht alles, was scheinbar rational daher kommt (z.B. Kompetenzorientierung) Risiken mit sich bringt, vor allem das Risiko, dass wirtschaftliche Ziele alle andere gesellschaftlichen (vor allem i. w. S. kulturelle) Ziele dominieren. Und klar (was auch Scholz als Argument brachte). Heute studieren nicht mehr nur drei oder vier Prozent eines Jahrgangs, sondern in manchen Bundesländern bis zu 50% – das hat natürlich Auswirkungen und führt dazu, dass man auch das eine oder andere operative Ziel anpassen muss. Dennoch: Die Frage, wozu wir uns Universitäten leisten, was Lehrende und Studierende darin für wen oder was leisten sollen und wollen, welchen Einflüssen sie dabei ausgesetzt sind und wie man mit diesen umgehen will, das sind Fragen, die MUSS man immer wieder stellen – auch wenn es nicht gerade leichter wird – und dann auch neue Antworten finden.
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