„ .. gibt es eine ´digitale Bildung´ und wie sollte sich diese von ´analoger Bildung´ unterscheiden? Lässt sich ernsthaft von ´digitalem Lernen´ sprechen, wenn man Lernen mit digitalen Medien meint?“ , fragt Michael Kerres in seinem aktuelle Text „E-Learning vs. Digitalisierung der Bildung: Neues Label oder neues Paradigma? – als Preprint online hier abrufbar. Im Mai 2014 hatte ich mir diese Frage auch schon mal (allerdings nur als Blogbeitrag hier und nicht systematisch aufbereitet) gestellt und mein Unbehagen an der „Digitalisierung der Bildung“ kurz erläutert. Kerres kommt zu dem Schluss, dass es sich wohl nur um Hilfsbezeichnungen handeln könne, die verschwinden würden, „sobald die Digitalisierung und die damit verbundenen Umwälzungen der Bildungsarbeit vorangeschritten (abgeschlossen?) sind, also sobald digitale Medien in der Bildungspraxis selbstverständlich geworden sind“. Insofern seien die Bezeichnungen nur Signale für einen Veränderungsprozess, der erstens alle Lernorte, zweitens alle „Geschäftsprozesse“ und drittens alle „Produkte“ betreffe.
Die Argumente, die der Text bietet, kann ich zum größten Teil nachvollziehen. Selbst handhabe ich es in der Lehre schon lange so, digitale Medien als selbstverständlichen Bestandteil didaktischer Entscheidungen zu integrieren (siehe dazu etwa den Studientext zum Didaktischen Design). Mein Unbehagen gegenüber dem Slogan einer der „Digitalisierung von Bildung“ bleibt dennoch. Zumindest für die Universität, so meine Einschätzung (ich kann die anderen Kontexte weniger gut beurteilen) brauchen wir eine Neubewertung von BILDUNG, die diesen Namen auch verdient. In einer von digitalen Medien durchzogenen Welt müsste Bildung das Korrektiv für gewollte Reaktionen ebenso wie für ungewollte Nebenwirkungen der Digitalisierung sein. Das kann freilich nur gelingen, wenn digitale Medien tatsächlich für und in der Bildung exploriert werden, wenn man mit ihnen Erfahrungen sammelt und diese reflektiert – aber eben NICHT mit dem Zweck, die Bildung zu digitalisieren, sondern umgekehrt die Digitalisierung auf ihre Sinnhaftigkeit hin einschätzen zu lernen, um sie begründet zu nutzen, zu gestalten, einzugrenzen oder auch mal zu verweigern.
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