Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Exzentrische Autorität und Abweichung

Sieben Ideen, wie die Universität der Zukunft aussehen könnte, lieferte die ZEIT (Campus) im vergangenen Monat – online abrufbar hier. Jutta Allmendinger, Mai Thi Nguyen-Kim, Louisa Reichstetter, Elisabeth von Thadden, Armin Nassehi, Vincent Zimmer und Konrad Paul Liessmann steuern ihre Ideen bei, und die reichen von der Universität als einen modernen sozialen Marktplatz für alle über die Universität als Ort der Freiheit ohne Zeit- und Leistungsdruck bis zur Universität als einem Ort des organisierten Kontrollverlusts.

Einige Namen wird man kennen (Professoren, die sich öfter mal öffentlich äußern), andere eher nicht (Redakteure oder anderweitig in der Bildung Engagierte). Erkennen lassen sich außerdem ähnliche Sehnsüchte und Erwartungen, aber auch ziemlich gegensätzliche Vorstellungen: Mehr Zeit und weniger Reglementierung wünschen sich in irgendeiner Form (fast) alle sieben Ideen-Geber. Die Vorstellungen aber etwa zwischen Jutta Allmendinger und Paul Konrad Lissmann gehen denn doch ziemlich auseinander. Allmendinger sieht in der Universität der Zukunft einen Treff- und Orientierungspunkt für alle – einen sozialen Marktplatz für Menschen jeden Alters und aller Kulturen, für Inhalte aus Theorie und Praxis, für eine Verbindung von Hochschule und Zivilgesellschaft. Lissmanns neue Universität dagegen wäre so ziemlich genau das Gegenteil, nämlich, „im besten und schönsten Sinn des Wortes weltfremd“, eine Universität, die an sich niemand braucht, denn dann sei sie wirklich wichtig. Beides erscheint mir überzogen und einseitig zu sein.

Am meisten kann ich mit Nassehis Einschätzung etwas anfangen: „Die Universität ist eine Projektionsfläche, die gesellschaftliche Ansprüche bündelt. Demokratisierung, Praxisrelevanz und Wettbewerb soll sie liefern. Diese Erwartungen sind legitim, aber sie treffen nicht das, worum es wissenschaftlicher Praxis geht: die Paradoxie auszuhalten, dass die Fragen bereits die Antworten enthalten und dass Antworten immer nur der Reflex ihrer Fragen sind. Auch wenn Universitäten ansatzweise demokratisierbar sind – die Wissenschaft ist es nicht. Sie muss sich mit Autorität gegen ein Wissen durchsetzen, das als kollektives Wissen in der Gesellschaft immer schon allzu demokratisch abgesichert scheint. Die Form exzentrischer Autorität und Abweichung – das ist es, was die Universität schützen muss.“

In wenigen Worten die eigene Idee von Universität auszudrücken – das ist schwierig und natürlich würde es sich lohnen, dies ausführlicher zu tun. Dass man es überhaupt macht, ist aber schon mal gut, denn im Zuge – wie es auch Nassehi feststellt – der zahlreichen Projektionen von außen geht gerade das zunehmend unter: sich auf den Kern dessen zu besinnen, was eine Universität ausmachen sollte oder könnte.

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