Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Vortanzen

Am 10. Dezember war die Deadline für die Anträge der Universitäten, die zu Exzellenzuniversitäten gekürt werden möchten. Für den Wissenschaftsjournalisten Jan-Martin Wiarda „Zeit für eine Zwischenbilanz des Wettbewerbs“ – nämlich hier.

Wiarda fragt sich zunächst einmal, ob es nun wohl ruhigere Weihnachten für die Exzellenz-Aspiranten gibt als letztes Jahr. Er hat aber Zweifel, denn: „Aber 2019 geht es dann auch gleich wieder los. Die Begehungen müssen geplant und geprobt werden. 19 mal Vortanzen für die Gutachter, und dieses Mal im ganz großen Stil. Denn wer Exzellenzuniversität sein will, der muss nicht nur wissenschaftlich das große Rad drehen. Sondern auch von der Performance her.“ Der Sprachstil rund um die Exzellenz-Initiative hatte schon im September seltsame Blüten getrieben (siehe hier), was sich kontinuierlich fortzusetzen scheint. Wer hätte noch vor einigen Jahrzehnten gedacht, dass die Wissenschaft mal „vortanzen“ muss, dass es am Ende auf die „Performance“ (welche genau?) ankommt, um zu erkennen, ob Wissenschaftlerinnen relevante Erkenntnisse aus ihrer Forschung ziehen können. Aber gut, vielleicht war das wissenschaftliche Handeln vor den Exzellenzzeiten einfach nur zu klein-klein und eben nicht „im ganz großen Stil“ vorhanden.

Darüber hinaus stellt sich Wiarda eine zweite Frage: „Ist das Ganze den riesigen Aufwand wirklich wert? Für die Gewinner: Ja, sicher. Aber was ist mit den Verlierern? Gewinnen die auch – irgendwie?“ Wiardas eigene Antwort darauf ist, dass der Aufwand gerechtfertigt sei, doch er räumt ein: „Ich weiß, dass eine solche Position nicht überall populär ist.“ Nun ja, kommt es denn hier darauf an, welche Aussagen populär sind, also per definitionem bei der Masse Anklang finden, und welche nicht? Meine Hoffnung wäre ja immer noch, dass es auf das bessere Argument ankommt. Wiarda schiebt aber durchaus eine Begründung nach: Er sei überzeugt, „dass die ExStra und ihr Vorläufer ´Exini´ geholfen haben, die Unis besser, lebendiger, schneller und strategischer zu machen“. Und zu diesen Behauptungen gäbe es „auch die passenden Statistiken, die sie belegen. Doch ich will sie bewusst nicht anführen. Denn wir wissen, dass die meisten Statistiken am Ende angreifbar sind.“

Das ist ja nun doch eine merkwürdige Argumentation: Weil Statistiken angreifbar sind, bringt man sie nicht, um prinzipiell angreifbare Aussagen nicht noch angreifbarer zu machen? Ich hätte jetzt schon gerne gewusst, mit welcher Statistik man belegt, dass eine Universität lebendiger geworden ist: Was ist denn der messbare Indikator für Lebendigkeit? Da gäbe es sicher welche – natürlich, aber wer legt das denn fest? Und mit welcher Begründung? Und wann genau kommt man zu dem Schluss, eine Universität sei schneller geworden – schneller in was denn? Im Erfassen von Anträgen, in der Gestaltung von Web-Seiten, im Vergessen von Versprechen? Ganz besonders neugierig wäre ich doch darauf, woran man genau erkennen kann, dass eine Universität besser geworden ist: Das ist ja legitim, sich vorzunehmen, besser zu werden. Müssten wir da nicht einen Diskurs führen über die Qualität und damit auch über den Zweck von Forschung und Lehre und unseren Universitäten, die der Forschung und Lehre zu dienen haben und genau (und nur da) ihre Leistung zu erbringen haben? Was ich Wiarda allerdings sofort abnehme ist, dass man mit Zahlen zeigen kann, wie viel strategischer unsere Universitäten geworden sind. Darauf haben wir in der Wissenschaft auch bestimmt alle gewartet … Der „ExStra“ sei gedankt!

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