Das Grundgesetz sichert die Wissenschaftsfreiheit – formal! „Informell wachsen die Fragezeichen, wie frei sich die Wissensorganisation der Universitäten oder Hochschulen noch entwickeln. Denn der Wettbewerbsdruck ruiniert das Freiheitsstreben“ – so Karl-Rudolf Korte in einem Kurzkommentar auf der Web-Seite von Forschung und Lehre (hier).
Journal-Denken und kumulative Ergebnisse führten dazu, so Korte weiter, dass Bücherlesen und Bücherschreiben verdrängt würden – und damit auch ein wichtiger Weg des wissenschaftlichen Fortschritts, wie er über Jahrhunderte beschritten worden sei. Korte nimmt wohl die zu erwartende Kritik an solchen Aussagen vorweg, wenn er betont, dass es ihm nicht um Nostalgie gehe, sondern um „Einsicht in die Kraft der Ressource Zeit“. Seine Frage bzw. die darin steckende implizite Aufforderung, wie wir (wieder) „selbstbestimmte Eigen-Zeit für Forschung und Lehre“ sichern könnten, ist aus meiner Sicht mehr als berechtigt.
Ich denke, Korte hat Recht: Noch schützt das Grundgesetz die Wissenschaftsfreiheit, zu der auch eben diese selbstbestimmte Eigen-Zeit für Forschung und Lehre gehört, doch die Zahl derer wächst, die sich nicht mehr so sicher sind, wie viel von dieser Freiheit noch übrig ist im Zuge des Wettbewerbsdrucks, der in alle Winkel der Universität vordringt. Kortes Lösungsvorschlag lautet: „Wir sollten als Wissenschaftler keine Manager des Moments sein, sondern Akteure mit Zeit und Muße – Premium-Abwarter mit geduldiger Reflexion über Optionen“. Dem möchte man sich doch sogleich anschließen, aber: Wenn ich ehrlich bin, habe ich wenig Hoffnung, dass sich Universitäten in nächster Zeit in eine solche Richtung bewegen werden. Vermutlich muss erst einmal alles gehörig an die Wand fahren, bis eine solche Umkehr ernsthaft in Erwägung gezogen wird.