Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Taktgeber

Zu den gravierenden Problemen der aktuellen Einschränkungen oder Ausfälle von Präsenzlehre aufgrund der Corona-Pandemie gehören fehlende soziale Kontakte unter den Studierenden oder zu Lehrenden sowie die Schwierigkeit Studierender zur Selbstorganisation. Selbstorganisation ist auch bei Präsenzlehre wichtig, um das Selbststudium angemessen zu strukturieren. Ganz offensichtlich aber ist die aktuelle Substitution von Präsenzlehre durch Online-Lehre eine weitere Hürde für viele Studierende, das Studium und damit auch Lernprozesse so zu organisieren, dass die gestellten Leistungsanforderungen erreicht werden können. Es fehlen, so ist zu vermuten, die äußeren Taktgeber, die normalerweise durch das Sozialleben auf dem Campus zusammen mit Präsenzterminen zumindest mehr vorhanden sind als es im Moment der Fall ist. Betroffen davon ist sicher ganz besonders das Selbststudium.

Zur Bewältigung dieses Problems können, so meine Einschätzung, tutoriell begleitete Taktgeber beitragen, die das Selbststudium strukturieren helfen. Als Lösungsansatz habe ich exemplarisch für das Lesen ein Konzept erarbeitet und am HUL diskutiert, das wir jetzt auch online zugänglich gemacht haben. Hier das kurze Video dazu und hier das Konzept in der Textversion. Ob es Anklang an der UHH findet … mal sehen. Nutzbar wäre es aber ja überall; vielleicht also finden sich Lehrende oder auch Studierenden selbst, die das mal ausprobieren wollen.

2 Kommentare

  1. Hallo,

    danke für diesen Beitrag. Ich erlebe es in meiner Arbeit auch immer wieder, dass die Struktur und der Austausch, auch informeller Natur, oft strukturierende Wirkung im Lernalltag hat. Mein Studium ist noch nicht so lange her und solche Taktgeber hätten mir gerade in den ersten Semestern viel geholfen. Nun stellt sich mir allerdings die Frage: Müssen wir nicht alle zunächst einmal erfahren, wie es ist, wenn man keine Struktur hat, um sich selbst eine Struktur zu schaffen? Wäre es nicht ein verschenktes Potenzial, wenn jetzt den Lernenden ein Taktgeber an die Hand gegeben wird, um letztlich die Selbstorganisation zu „ersetzen“?
    Ich danke Ihnen für diesen Beitrag und bin gespannt, wie es mit dem Konzept weitergeht.

  2. Danke für den Beitrag. Wie in der Didaktik oft der Fall, lässt sich ein Ziel, das man anstrebt – z.B. Selbstorganisation -, nicht unbedingt auch als Mittel einsetzen: Wer Schwierigkeiten mit der Selbstorganisation hat, dem oder der ist wenig geholfen mit dem Hinweis, doch jetzt selbstorganisiert zu lernen. Die Taktgeber-Idee ist also eine OPTION (die man auch ignorieren kann), die helfen soll, zu lernen, mittel- und langfristig selber zum eigenen Taktgeber zu werden. „Ersetzen“ will das Konzept auch nicht die Selbstorganisation, sondern die fehlenden Taktgeber, die der Präsenzlehre eingeschrieben sind, auf die wir gerade weitgehend verzichten müssen. 🙂