3. Mai 2013
von Gabi Reinmann
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Was muss man tun, um bekannt zu werden? Einen Wettbewerb veranstalten. Allerdings muss es sich schon lohnen. Mal eben 5.000 Euro (oder gar nur eine ideelle Anerkennung) auszuschreiben, lockt heute keinen mehr hinter dem Ofen hervor. 100.000 Euro sollten es schon mindestens sein – jedenfalls hatte auf diesem Weg der Medidaprix viele Wissenschaftler und Lehrende an Hochschulen zehn Jahre lang (bis 2009: hier die letzte Runde) dazu bewegt, an diesem Wettbewerb teilzunehmen. Klar, dass bei 250.000 Euro (insgesamt) noch mehr Leute aktiviert werden (da immerhin auch mehr gewinnen können) – selbst dann, wenn es eine ganze Reihe von Bedingungen gibt, die man einhalten muss. Aktuell ist dies der Fall beim MOOC Production Fellowship von iversity: Ich wollte mir einen Überblick verschaffen, welche MOOC-Veranstaltungen da eingereicht worden sind. Aber es sind so viele (leider kann ich nirgendwo erkennen, wie viele genau), dass ich es nicht geschafft habe, diese alle anzusehen. Mich versetzen zwei Dinge nun wirklich in Erstaunen:
Das erste Erstaunen ist positiver Art. So viele Professoren, Juniorprofessoren und Privatdozenten (und nur die dürfen einreichen – warum eigentlich?) zeigen, dass und wie sie sich Gedanken um die Lehre machen; man findet eine Fülle an Kursideen und interessanten Themen und hat dabei das Gefühl, dass die alten Klagen über verstaubte Hochschullehre, die sich den digitalen Medien verschließt, der Vergangenheit angehören. Und es ist eine tolle Sache, dass sich da einem Ort Leute mit ihren Lehrvorschlägen versammeln, weil man davon eine Menge lernen kann. Nur schade, dass man 250.000 Euro braucht, damit Lehrende in dieser Form ihre Ideen öffentlich machen und damit einen gegenseitigen Austausch ermöglichen.
Das leitet mich über zum zweiten Erstaunen und das ist eher negativ gefärbt: Es geht mir nicht um die 250.000 Euro. Natürlich wirken (für den Einzelnen gesehen) 25.000 Euro motivierend und die nimmt man im besten Fall mit – würde ich auch, ist ja wirklich eine ganze Menge Geld! Nein, mich erstaunt, dass so viele mitmachen, obschon die Bedingungen des Wettbewerbs (z.B. im Vergleich zum Medidaprix) recht eng gesteckt sind (siehe hierzu die Guidelines): (a) Inhalte müssen in kurzen Lehrsequenzen gegliedert sein – und als Videoinhalte präsentiert werden (mit Ergänzungsmöglichkeiten), (b) im Anschluss an jede kurze Lehrsequenz muss eine Interaktionsmöglichkeit für Studierende kommen – am besten ein Quiz; (c) es sind zwar auch andere Interaktionsformen möglich, aber: sie sollen sich möglichst direkt in iversity abbilden lassen. So viele kreative Köpfe lassen sich in dieser Form vorgeben, wie sie ein Lernangebot zu konzipieren und anzubieten haben? Ist das nicht ganz erstaunlich?
Ich lerne daraus: Man nehme richtig viel Geld, sage ganz genau, wo es lang geht und viele folgen einem … Ja, das ist es vielleicht etwas übertrieben – gebe ich zu. Aber mal ehrlich: Warum ist es denn nicht möglich, dass wir uns an unseren Hochschulen um kreative Lehre, neue Ideen und einen fundierten Austausch bemühen, ohne dass wir dafür Wettbewerbe, Rankings und hohe Preisgelder brauchen und – das ist jetzt aus meiner Sicht das Entscheidende – uns dabei weitgehend vorschreiben lassen, wie wir etwas zu gestalten haben?
Ich habe nichts gegen MOOCs – im Gegenteil: Ich finde es hervorragend, dass da jetzt so viel experimentiert wird. Das ist EIN interessantes Format. Und wie gesagt: Wenn man sich die eingereichten MOOC-Beispiele anschaut, dann ist das beeindruckend, was man da sieht. Ich will hier wirklich niemanden diskreditieren! Vielleicht geht es auch einfach nicht anders. Aber ich finde, man sollte mal über den Mechanismus nachdenken, der da im Hintergrund zu wirken scheint und in didaktischen Engführungen münden kann, vor denen Rolf Schulmeister bereits vor vielen Jahren im Zuge der Einführung von Lernplattformen gewarnt hat.