Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Vermisster Diskurs

Vor einiger Zeit habe ich eine Forschungsnotiz zum Thema „Vermittlungswissenschaft“ online gestellt (siehe Blogbeitrag dazu hier). Erfreulicherweise habe ich die Chance bekommen, das Thema über eine „Forschungskooperation via Zeitschrift“ in gewisser Weise zusammen mit anderen weiter zu verfolgen. Möglich macht das die interdisziplinäre Zeitschrift „Erwägen – Wissen – Ethik“ (kurz EWE), herausgegeben von Frank Benseler, Bettina Blanck, Reinhard Keil und Werner Loh. Die Zeitschrift will den „erwägenden Umgang mit Vielfalt“ in den Wissenschaft fördern (vgl. das Programm) und setzt daher auf eine dialogorientierte Form der Auseinandersetzung mit interdisziplinären Themen. Vorrangig werden sogenannte „Diskussionseinheiten“ publiziert, die aus Hauptartikeln, Kritiken (von unterschiedlichsten Positionen aus) sowie Repliken bestehen. Daneben gibt es „Erwägungssynopsen“, welche die Auseinandersetzungsformen in den Diskussionseinheiten reflektieren und die resultierende Vielfalt zu ordnen versuchen. Veröffentlicht werden auch Seminarberichte und Beiträge als Briefe. Mit dem Thema „interdisziplinäre Vermittlungswissenschaft“ wird ein der Diskussionseinheit verwandtes, aber leicht abgewandeltes Verfahren erprobt, das die Herausgeber „Forschungskooperation“ nennen. Diese soll in folgenden Phasen ablaufen, wobei die Bezeichnungen zunächst Arbeitsbegriffe sind:

  • Forschungsprozess I: „Auftakt“. Dabei handelt es sich um den Ausgangsartikel, der deutlich länger ist als der übliche Zeitschriftenartikel und bis zu 90.000 Zeichen umfassen kann.
  • Forschungsprozess II: „Weiterführung“. Dies sind im weitesten Sinne Kritiken, die allerdings vor allem diskursiv gestaltet, also darauf ausgelegt sind, den im Hauptartikel begonnen Prozess fortzuführen.
  • Forschungsprozess III: „Zwischenfazit“. Das Zwischenfazit übernimmt wieder der Autor des Hauptartikels (also eine Art Replik) und stellt folglich eine weitere Station im Forschungsprozess dar.
  • Forschungsprozess IV: „Synopse“. Gemeint ist damit eine Art Wissenschaftsmediation des bisherigen Diskurses seitens der Herausgeber (bzw. einzelner Personen aus dem Herausgeberteam), in dem vergleichende Betrachtungen, Systematisierungsvorschläge und offene Fragen zusammengestellt werden.
  • Forschungsprozess V: „Bilanz“. In dieser Phase haben alle am Forschungsprozess Beteiligten die Möglichkeit, auf der Basis aller fertig gestellten Beiträge aus den Forschungsprozessen I bis IV noch einmal Stellung zum gesamten Prozess zu nehmen und eine Bilanz zu ziehen.

Ich versuche, meinen Hauptartikel relativ bald fertigzustellen, und bin sehr gespannt auf diese Forschungskooperation. Ich erhoffe mir davon Erkenntnisse und Erfahrungen, die ich speziell bei Tagungen, vor allem aber bei Peer Reviews im Forschungs- und Publikationsalltag in hohem Maße vermisse!