Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

In der Wüste feiert man sich am besten selbst

Ausgeprägter kann ein Gegensatz wohl kaum mehr sein:

In einer aktuellen Pressemeldung des bmbf kann man Folgendes lesen: „Zehn Jahre nach seinem Beginn hat der Bologna-Prozess zu einer erfolgreichen Modernisierung der deutschen Hochschulen beigetragen. Die Umstellung bietet die Chance, die Qualität von Studienangeboten zu verbessern, mehr Beschäftigungsfähigkeit zu vermitteln und die Zahl der Studienabbrüche zu senken. Diesen Innovationsschub wollen wir weiter erfolgreich nutzen.“ Mit diesen Worten eröffnete der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Andreas Storm (MdB), am Freitag ein vom BMBF und der Kulturministerkonferenz (KMK) in Berlin veranstaltetes Symposium.

Vor genau einem Jahr kam Professor Brenner von der Universität zu Köln in einem Vortrag mit dem Titel „Die Wüste wächst“ zu einer komplett gegenteiligen Diagnose, was die Erfolge des Bologna-Prozesses betrifft: Er beobachtet eine „Selbstzerstörung der deutschen Universität“ und geht mit Hochschulrektoren, Professoren und Studierenden gleichermaßen ins Gericht, weil sie sich alle unfähig und unwillig gezeigt hätten, dem teuren Bürokratisierungsprozess im Zuge von Bologna die Stirn zu bieten – noch dazu, weil damit die schon Jahrzehnte vorher bestandene „Überfüllungskrise“ noch dramatischer geworden sei.

Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen: Dass ich meine Arbeit nur noch mit einer 7-Tage-Woche schaffe, spricht eher für zweit genannte Diagnose. Dass ich zusammen mit ein paar Leidensgenossen/innen aktuell vor der schizophrenen Aufgabe stehe, erfolgreiche und sinnvolle Konzepte für die Lehre zurückzufahren, weil uns neue Stellen einen überdimensionalen Zuwachs an neuen Studierenden verschaffen, geht auch eher in Richtung von Diagnose 2. Dass wir eine geringe Abbrecherquote in unserem Studiengang haben, dass wir eine ganze Menge sehr guter Absolventen entlassen und die auch noch eine beachtliche Auslands- und Praktikumstätigkeit an den Tag legen, scheint dagegen – in unserem Fall – für Diagnose 1 zu sprechen. Aber für welchen Preis? Ist das wirklich ein Verdienst von Bologna? Oder doch „nur“ das Engagement Einzelner, die immer wieder (wie ich) ein bisschen naiv darauf hoffen, dass das mal belohnt wird? Einen Teil des Lohns habe ich schon kassiert: Die Zeit für Forschung (und Nachdenken!) schrumpft. Es mag ja viele Gründe haben, warum wir z.B. in Bezug auf Fördergelder für das Jahr 2009 weitgehend leer ausgegangen sind. Aber natürlich hat es AUCH damit zu tun, dass mein Zeitbudget für Anträge rapide geschrumpft ist.

Aber es gäbe da natürlich noch eine Einsparmöglichkeit: Ich schließe mein Blog – das würde mir sicher zwei Stunden pro Woche Zeit sparen – das wäre 1 SWS mehr für die Lehre oder eine halbe Seite Forschungsantrag … so ungefähr vielleicht.

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